Vortragsveranstaltungen 2009

10. DezemberProf. Dr. Brigitte Lohff (Hannover)
  • „Daß ein Gut nicht immer dauern wird, ist kein Grund, es zu vernachlässigen ...“. Leibniz’ Ideen zu Gesundheit und Krankheit
13. NovemberProf. Dr. Klaus Erich Kaehler (Köln)
  • Die Natur und das Subjekt
30. OktoberProf. Dr. Daniel J. Cook (New York)
  • Leibniz und der Orient
8. OktoberDr. Andreas Blank (Paderborn)
  • Leibniz und Gerechtigkeitstheorien in der Protestantischen Ethik
28. AugustProf. Dr. Kiyoshi Sakai (Tokio)
  • Sozialpolitische Leitbilder - Leibniz’ Grundsätze einer gerechten Sozialpolitik
21. August Dr. Luca Basso (Padua)
  • Regeln einer effektiven Außenpolitik – Leibniz’ Bemühen um eine Balance widerstreitender Machtinteressen in Europa
14. August Prof. Dr. Jaime de Salas (Madrid)
  • Leibniz’ Grundsätze für die politische Auseinandersetzung im Lichte der modernen politischen Philosophie
18. JuniProf. Dr. Rolf Elberfeld (Hildesheim)
  • Ordnungen mathematischen Wissens. Paradigmatische Vergleiche zwischen China und Europa
4. Juni Prof. Dr. Andrew Weeks (Normal, Illinois)
  • Paracelsus, Rabelais und das medizinische Weltbild des 16. Jahrhunderts
7. Mai Dr. Catherine Atkinson (Hannover)
  • „Noa erfand erstlich den Wein“: Das Lob des Erfinders in der Frühen Neuzeit am Beispiel von Polydore Vergils „De rerum inventoribus“
10. Februar Oberbürgermeister Stephan Weil (Hannover)
  • Wissenschaft und Kommune. Warum sollten Städte Wissenschaftsförderung betreiben?

Donnerstag, den 10. Dezember 2009
Prof. Dr. Brigitte Lohff (Hannover)

  • „Daß ein Gut nicht immer dauern wird, ist kein Grund, es zu vernachlässigen ...“.
    Leibniz’ Ideen zu Gesundheit und Krankheit

Zum Vortrag:
In meinen Überlegungen werde ich der Frage nachgehen, welcher inhärente Bewegungsgrund Leibniz dazu veranlasst hat, sich mit dem Phänomen der Gesundheit sowohl unter politischen als auch unter moralphilosophischen Aspekten auseinanderzusetzen.

Leibniz sagt in den Nouveaux essais, dass, auch wenn ein Gut ‒ wie die Ruhe der Seele, die Gesundheit, das Leben ‒ nicht immer währt, „es keinen Grund gibt, es zu vernachlässigen“. In der Formulierung „es nicht zu vernachlässigen“ scheint mir ein Schlüssel zu liegen, dass für Leibniz sein Konzept Theoria cum praxi sich in diesem Kontext geradezu exemplarisch veranschaulichen lässt. Auf der einen Seite lassen sich mit dem Hinweis „es keinen Grund gibt, es zu vernachlässigen“ Überlegungen anstellen, welche schädlichen Einflüsse auf die Gesundheit dem willentlichen Fehlverhalten des Menschen zuzuschreiben und welche aus der fehlgeleiteten Vernunft abzuleiten sind. Auf der anderen Seite lässt sich anhand dieses Bereiches thematisieren, welche individuell einzubringenden „Vorsorgen“ der Gesundheit zuträglich sind.

B. L.

Freitag, den 13. November 2009
Prof. Dr. Klaus Erich Kaehler (Köln)

  • Die Natur und das Subjekt

Zum Vortrag:
Die heute allenthalben geforderte Naturalisierung des Subjekts (oder: des Geistes) erscheint in einem anderen Licht, wenn das Denken sich von dem leiten und erfüllen lässt, was ‚Natur‛ und ‚Subjekt‛ für die Philosophie bereits gewesen sind. Dazu bedarf es allerdings der vorbehaltlosen Einlassung auf die Prinzipstellung, die der Natur einerseits und dem Subjekt andererseits in den Epochen der Ersten Philosophie zukommt: Während die anfängliche Epoche an der Natur als Physis die Bestimmung ihrer Sache findet, wandelt sich in der mittleren Epoche die Natur zu einem Abhängigen nämlich der Schöpfung. Die Reflexion dieses Verhältnisses in der natürlichen Vernunft aber generiert das Subjekt als Prinzip der neuzeitlichen Philosophie, das seine immanente Vollendung erreicht in der Systematik des absoluten Subjekts. Aus dieser Herrschaft des Subjekts erhebt sich die Natur am Subjekt selber, denn durch die Selbstreflexion in seiner Vollendungsgestalt wird es in eine unaufhebbare Dezentrierung getrieben, ohne als Ort der Wahrheit zu verschwinden. Unter diesem nach-metaphysischen Prinzip ist das Verhältnis des Subjekts zur Natur in der Tat neu zu bestimmen.

K. E. K.

Der Referent hat uns den vollständigen Text des Vortrags zur Verfügung gestellt – Sie finden ihn hier im doc-Format (Copyright beim Autor).

Freitag, den 30. Oktober 2009
Prof. Dr. Daniel J. Cook (New York)

  • Leibniz und der Orient

Zum Vortrag:
Vieles wurde zu Leibniz und China, wenig nur zu Leibniz’ Beschäftigung mit dem anderen Orient geschrieben ‒ dem Nahen Osten: Mein Vortrag wird Leibniz’ Einstellung zum Islam und dessen Anhängern behandeln. Abgesehen von der Bedrohung Mitteleuropas durch die Türken, die in seinen mittleren Jahren nachließ, betrachtete Leibniz den Islam vorwiegend als theologisches System. Er kommentierte die ihm verfügbaren islamisch/arabischen Quellen und zeigte wachsendes Interesse, so dass die Umrisse eines kohärenten Bildes seiner Haltung zum nicht-chinesischen anderen Orient sich abzuzeichnen beginnen. Indem wir Leibniz’ Auffassung vom islamisch/arabischen Orient untersuchen, schärfen wir nicht nur zugleich unser Verständnis seines lebenslangen Bemühens um den Dialog zwischen Christentum und anderen Religionen, sondern beleuchten außerdem die Rolle der Theologie des Islam im religiösen Denken des damaligen Europa. Leibniz’ Haltung zum Islam ist zudem kennzeichnend für die Haltung vieler Gelehrter in der europäischen Frühaufklärung.

D. J. C.

Donnerstag, den 8. Oktober 2009
Dr. Andreas Blank (Paderborn)

  • Leibniz und Gerechtigkeitstheorien in der Protestantischen Ethik

Zum Vortrag:
In seinen frühen Notizen zum Naturrecht versucht Leibniz, Platonische und Aristotelische Auffassungen zu verbinden. Auf der einen Seite akzeptiert er die Platonische Auffassung, dass es ewige und notwendige Wahrheiten in Bezug auf Gerechtigkeit gibt; in diesem Sinn denkt er, dass Wahrheiten in Bezug auf Gerechtigkeit auf einer Ebene mit arithmetischen und geometrischen Wahrheiten stehen. Auf der anderen Seite akzeptiert er die Aristotelische Auffassung, dass Tugenden in einem mittleren Maß zwischen Extremen bestehen und wendet diese Auffassung auf den Begriff der Gerechtigkeit an. Leibniz’ Strategie ist keinesfalls ein Einzelfall in der Philosophie der Frühen Neuzeit, sondern entspricht einer Strategie, die in der Protestantischen Ethik vor dem Dreißigjährigen Krieg einflussreich war. Insbesondere zeigt die Gerechtigkeitstheorie des reformierten Philosophen Bartholomäus Keckermann (1571-1608) interessante Parallelen mit Leibniz’ früher Gerechtigkeitstheorie. Die Verbindung von Platonischen und Aristotelischen Elementen in der Protestantischen Ethik ist aufschlussreich, um das Wesen des frühneuzeitlichen Eklektizismus zu verstehen. Eklektizismus in der Protestantischen Tradition wählt nicht nur einzelne Elemente aus unterschiedlichen philosophischen Traditionen aus, sondern reinterpretiert diese Elemente, so dass scheinbare Widersprüche zwischen den Elementen aufgelöst werden. Vor allem aber ist Eklektizismus ein Mittel, um philosophische Probleme zu lösen: Elemente aus einer bestimmten philosophischen Tradition können dazu dienen, diagnostizierte Argumentationslücken in einer anderen philosophischen Tradition zu schließen.

A. B.

Freitag, den 28. August 2009
Prof. Dr. Kiyoshi Sakai (Tokio)

  • Sozialpolitische Leitbilder - Leibniz’ Grundsätze einer gerechten Sozialpolitik
    (Vortragsreihe Leibniz’ politische Überlegungen ‒ drei Vorträge im Vorfeld der Bundestagswahl)

Zum Vortrag:
Woher kommen die wachsende Kluft und damit eine gewisse Ausweglosigkeit in der heutigen Gesellschaft? Wenigstens eine Ursache lässt sich in der seit den 1980er Jahren immer stärker globalisierten Marktwirtschaft und damit verbundenen Veränderungen des bisher relativ stabil gebliebenen Gesellschaftssystems finden. Dieser freien Wirtschaft liegt aber eine Genealogie des „Liberalismus“ zu Grunde, als dessen wichtigster Vertreter John Locke gilt, der im 17. Jahrhundert in England und Amerika die Unbeschränktheit der einzelnen Wirtschaftsaktivität unterstrichen hat. Im Gegensatz dazu steht die für uns hochinteressante politische Philosophie von Leibniz, der Locke kritisiert, um „Freiheit“ unter die Vernunft zu bringen und „Gerechtigkeit“ ausdrücklich als „sozial“ zu kennzeichnen. Leibniz’ Begriff von „Gerechtigkeit“ reicht über eine bloß quantitative Ungleichheit zudem hinaus; er bezieht vielmehr die „Individualität“ des einzigartigen Individuums und die „Mannigfaltigkeit“ in der aus solchen Individuen bestehenden Welt in den Kontext seiner monadologischen Metaphysik ein.

K. S.

Freitag, den 21. August 2009
Dr. Luca Basso (Padua)

  • Regeln einer effektiven Außenpolitik – Leibniz’ Bemühen um eine Balance widerstreitender Machtinteressen in Europa
    (Vortragsreihe Leibniz’ politische Überlegungen ‒ drei Vorträge im Vorfeld der Bundestagswahl)

Zum Vortrag:
Im Vortrag wird es darum gehen, Leibniz’ Auffassung vom Völkerrecht zu analysieren, um deren Distanz zu einerseits Hobbes und andererseits der späteren Position Kants zu betonen. Es wird aufgezeigt, welche Verbindung zu den Grundlagen des Leibnizschen Naturrechts besteht und insbesondere erklärt, inwiefern die Metapher der Balance zum Verständnis der Struktur des Deutschen Reiches und der Lage in Europa von entscheidender Bedeutung ist.

L. B.

Freitag, den 14. August 2009
Prof. Dr. Jaime de Salas (Madrid)

  • Leibniz’ Grundsätze für die politische Auseinandersetzung im Lichte der modernen politischen Philosophie
    (Vortragsreihe Leibniz’ politische Überlegungen ‒ drei Vorträge im Vorfeld der Bundestagswahl)

Zum Vortrag:
Die heutige politische und soziale Verfassung unsererGesellschaft beruht auf leitenden Ideen Leibniz’ und generell der Aufklärung, wir wissen aber, dass der durch jene Grundgedanken angestrebte Idealzustand keineswegs verwirklicht ist. Der Vortrag stellt die philosophischen Begriffe des Optimismus und der Kontingenz vor und versucht zu zeigen, wie das in Leibniz’ Denken hergestellte Gleichgewicht traditioneller und moderner Elemente dann zusammenbricht ‒ dies schließt Erörterungen hinsichtlich der Entwicklung von Institutionen und Ideen ein. Die Bedeutung der repräsentativen Demokratie steht für unser Politikverständnis außer Frage, viele von Leibniz vertretene ‒ und beispielsweise den Konzepten Public Choice oder soziales Kapital verbundene ‒ Positionen gehen aber auch in gegenwärtige politik- und sozialwissenschaftliche Debatten ein.

In diesem Zusammenhang ist der Blick auf Leibniz’ theoretische Praxis in ihrer Gegenüberstellung zu seinen Theorien von besonderer Bedeutung.

J. d. S.

Donnerstag, den 18. Juni 2009
Prof. Dr. Rolf Elberfeld (Hildesheim)

  • Ordnungen mathematischen Wissens. Paradigmatische Vergleiche zwischen China und Europa

Zum Vortrag:
Sowohl Europa wie auch China verfügen über eine alte Tradition der Mathematik. Im Vortrag wird es darum gehen, die jeweilige Stellung und Bedeutung der Mathematik in der Ordnung des Wissens innerhalb der europäischen und der chinesischen Tradition anhand ausgewählter Beispiele zu beleuchten. Hierbei werden Fragen eine Rolle spielen wie: Welchen Sinn besaß die Idee der „Exaktheit“ in beiden Traditionen? Welcher Zeitlichkeitsstatus kam der Mathematik jeweils zu und welche Bedeutung hatte dies für die Entwicklung der Mathematik und die Anwendung der Mathematik auf die Natur?

R. E.

Donnerstag, den 4. Juni 2009
Prof. Dr. Andrew Weeks (Normal, Illinois)

  • Paracelsus, Rabelais und das medizinische Weltbild des 16. Jahrhunderts

Zum Vortrag:
Theophrastus Bombast von Hohenheim, genannt Paracelsus (1493/94-1541), ist eine Gestalt von andauernder Faszination, deren Werk allerdings schwer zugänglich ist und oft missverstanden wird. Seinem Weltbild können wir uns nähern, indem wir seine Medikamente, Begriffe, Anspielungen und Terminologien als ein medizinisches Allgemeingut erkennen, das er unter anderen mit seinem Zeitgenossen und Arztkollegen François Rabelais (1483/94-1553) teilte.

A. W.

Donnerstag, den 7. Mai 2009
Dr. Catherine Atkinson (Hannover)

  • „Noa erfand erstlich den Wein“: Das Lob des Erfinders in der Frühen Neuzeit am Beispiel von Polydore Vergils „De rerum inventoribus“

Zum Vortrag:
Jede Epoche hat ihre eigene Vorstellung vom ‚inventor’, vom Erfinder, und lobt ihn auf die ihr eigene Weise. In der Antike galten Götter, Göttinnen und Heroen als Erfinder eines jeden Zivilisationsschrittes und als Gründer gesellschaftlicher Institutionen. In seinem enzyklopädisch angelegten Werk Über die Erfinder aller Dinge (De rerum inventoribus, Erstausgabe 1499 und stark erweiterte Neuausgabe 1521) rang der italienische Humanist Polydore Vergil (†1555) um eine neue Definition des Erfinderbegriffs. Hieran und an der 200 Jahre währenden Rezeption von Vergils Werk – bis in Leibniz’ Zeit hinein – lässt sich vieles ablesen: das wachsende Vertrauen in die menschliche Schaffenskraft, ein Wetteifern mit den Kulturleistungen der Antike, der soziale Aufstieg der Handwerksberufe und des Ingenieurwesens und die allmähliche Bejahung des Innovativen.

C. A.

Dienstag, den 10. Februar 2009
Oberbürgermeister Stephan Weil (Hannover)

  • Wissenschaft und Kommune. Warum sollten Städte Wissenschaftsförderung betreiben?

Zum Vortrag:
In der modernen Wissensgesellschaft kommt der effizienten Produktion, Verteilung und Verwertung von Wissen eine wachsende Bedeutung zu. Nur die Großstädte, die der Wissenschaft, den Forschungseinrichtungen und den Studierenden eine gute Perspektive bieten, können künftig erfolgreich sein. Hierbei spielt die Anziehungskraft urbanen Lebens in Form der Gestaltung eines weltoffenen und innovativen Klimas eine herausragende Rolle.

S. W.

Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Gesellschaft e.V. c/o Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek
Niedersächsische Landesbibliothek Waterloostr. 8 30169 Hannover Deutschland
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