Vortrag vom 16. November 2023 aus der Vortragsreihe "Zurück an den Verhandlungstisch: Krieg, Frieden und Diplomatie zur Leibniz-Zeit"

(in Zusammenarbeit mit der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek und in Kooperation der Leibniz-Forschungsstelle Hannover)

Friede von Rijswijk 1697, zeitgenössischer Kupferstich.

Anlässlich des russischen Angriffs auf die Ukraine und angesichts des Scheiterns der Diplomatie ist für 2023 eine Vortragsreihe geplant unter dem Titel "Zurück an den Verhandlungstisch: Krieg, Frieden und Diplomatie zur Leibniz-Zeit", die in Kooperation mit der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek und der Forschungsstelle der Leibniz-Edition Hannover stattfinden wird. 

Die Vortragsreihe soll das Spannungsverhältnis von Krieg und Frieden in der Leibniz-Zeit aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchten. Schwerpunkte sind Diplomatie und internationale Konflikte, Militär und Gesellschaft, Kriegsrecht bei Leibniz sowie Europa und Russland. Gefragt wird: Wann schlugen außenpolitische Differenzen in Krieg um? Wie wurde ein Krieg militärisch organisiert und verwaltet (Waffenlieferungen, Sabotage)? Auf welche Weise ließen sich kriegerische Auseinandersetzungen rechtlich einhegen? Und wie gelang es den Kontrahenten, wieder an den Verhandlungstisch zurückzukehren?

Prof. Dr. Christine Roll (Aachen):

Verhandeln mit Russland. Militärmacht, imperialer Anspruch und mediale Inszenierung des Zarenreichs im Großen Nordischen Krieg (1700-1721) als kulturelle Herausforderung für Gelehrte und Diplomaten.

DONNERSTAG, den 16. November 2023, 17.00 Uhr.

Vortragssaal, Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, Waterloostr. 8, 30169 Hannover.
Eintritt frei.

Referentin

Christine Roll studierte von 1980 bis 1986 an den Universitäten Hamburg und Konstanz die Lehramtsfächer Geschichte und Russisch. Nach dem ersten Staatsexamen arbeitete sie an der Universität Konstanz im Forschungsprojekt zur EDV-gestützten Erschließung der Politischen Korrespondenz Karls V. und wurde dort 1991 mit einer Dissertation zur Reichsregierung Karls V. in den 1520er Jahren promoviert. Anschließend nahm sie ihre Studien zu den Beziehungen zwischen Zar und Kaiser in der europäischen Politik des 17. Jahrhunderts auf, die 2003 zur Habilitation an der Universität Konstanz führten. 2005 erhielt sie einen Ruf auf die Professur für Geschichte der Frühen Neuzeit an der RWTH Aachen, wo sie seither lehrt und forscht. Von 2010 bis 2018 war sie Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat des Deutschen Historischen Instituts Moskau, von 2014 bis 2022 Dekanin der Philosophischen Fakultät der RWTH Aachen.
Zu den Forschungsgebieten von Christine Roll gehören neben dem Alten Reich und dem frühneuzeitlichen Russland in Wissen, Berichten und diplomatischer Praxis auch Weltbilder und Lebenswege in den Umbrüchen um 1800. Nun, nach ihrem langjährigen Dekanat, steht eine Kulturgeschichte frühneuzeitlicher Gesandtenberichte im Mittelpunkt ihres Forschungsinteresses.

 

Zum Vortrag

Als die Nachricht vom russischen Sieg bei Poltawa 1709 in Europa verbreitet wurde, herrschte ungläubiges Staunen: Die Moskowiter hatten wirklich die unbesiegbare schwedische Armee vollständig geschlagen und König Karl XII. vertrieben? Waren die Reformen Zar Peters I. so schnell erfolgreich gewesen? Peter hatte Europa ein Jahrzehnt zuvor selbst bereist und sprach davon, sein Land "europäisieren" zu wollen. Etablierte er nun womöglich ein Russländisches Imperium als neue Macht an der Ostsee? Die Welt stimmte nicht mehr mit den Erfahrungen, dem Wissen und den Vorstellungen der Zeitgenossen überein, innerhalb wie außerhalb Russlands, in den Kanzleien wie den Gelehrtenstuben.

Vor diesem Hintergrund sind die Verhandlungen, die schließlich 1721 den Großen Nordischen Krieg mit dem Frieden von Nystad beendeten, besonders interessant. Sie stehen im Mittelpunkt des Vortrags. Der Vertragstext ist deutsch, auch der Verhandlungsführer des Zaren war ein Deutscher, Heinrich Ostermann. Konnte also "auf Augenhöhe" und ohne Dolmetscher verhandelt werden? Verstanden die Verhandlungspartner aber die Friedens-, Sicherheits- und Machtvorstellungen der anderen Seite? Wie liefen die Verhandlungen konkret ab, wirklich am Verhandlungstisch? Nach Vermittlern ist zu fragen, nach der Rolle von Status und Zeremoniell, ferner nach den Wechselwirkungen zwischen den Kriegsschauplätzen und den Verhandlungen. Schließlich geht es auch hier um mediale Inszenierung: des Siegers, der nun "Imperator" hieß, und der neuen Ordnung, die "Ruhe des Nordens" genannt wurde.

Pierre Denis Martin (1663–1742): Schlacht von Poltawa, Gemälde 1726


Prof. Dr. Ursula Goldenbaum (Berlin/Atlanta):

Leibniz’ kopernikanische Wende zu einem neuen Begriff der Zeit.

DONNERSTAG, den 1. Juni 2023, 17.00 Uhr.

Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, Waterloostr. 8, 30169 Hannover.

Eintritt frei.

Gaius Iulius Caesar (Marmorbüste, Vatikanische Museen), ein bevorzugtes Beispiel von Leibniz für konkrete, vollständig bestimmte Individuen und ihrer Begriffe.

Referentin

Ursula Goldenbaum, 2004-2019 Associate, dann Full Professor an der Emory University, Atlanta (USA), seit 2019 Professor emerita; 2014-2018 Präsidentin der Leibniz Society of North America; Mitglied des Beirats des Journal of the History of Ideas und früheres Member of the Institute of Advanced Study in Princeton; Autorin eines umfangreichen Werkes zur öffentlichen Debatte in der deutschen Aufklärung (Appell an das Publikum. Die öffentliche Debatte in der deutschen Aufklärung 1697-1786); zahlreiche Publikationen zum philosophischen Rationalismus, insbesondere zu Leibniz, Spinoza, und Hobbes, sowie zu Mendelssohn, Lessing, und Kant; mit Douglas Jesseph Co-Herausgeberin von Infinitesimal Differences (zur Kontroverse über die Realität unendlich kleiner Größen) und mit Christopher Kluz von Doing without Free Will; Herausgeberin von Texten bzw. Übersetzungen von Leibniz, Rousseau, und der Wertheimer Bibel.

Zum Vortrag

Noch in seiner Confessio philosophi (1672/3) ist Leibniz der Auffassung, dass die Prinzipien der Individuation außerhalb der Dinge liegen (Akademie-Ausgabe der Leibniz-Edition, Reihe VI, Philosophische Schriften, Band 3, N. 7, Seite 147), dass nämlich Individuen durch die ihnen äußerliche Bestimmung von Zeit und Ort unterschieden werden. Aber schon seit der Mitte der 1670er Jahre bereitet sich Leibnizʼ "kopernikanische Wende" (Heinrich Schepers) vor, nach welcher er Zeit und Raum als erst durch das Handeln der individuellen Substanzen konstituiert begreifen wird. Dieser rasche Wandel geht einher mit Leibnizʼ nun hervorgehobener Unterscheidung zwischen konkreten und abstrakten Dingen, wobei eben nur die konkreten Dinge immer schon Zeit und Ort als intrinsische Bestimmungen enthalten. Entsprechend drückten die Verben nebst Copula – also die Prädikate eines jeweiligen konkreten Subjekts – immer schon die inneren zeitlichen Bestimmungen des Subjekts aus. Der Vortrag geht der Frage nach, was Leibniz zu seiner neuen Fassung des Begriffs der Zeit inspiriert hat.

Vortrag vom 27. April 2023 aus der Vortragsreihe "Zurück an den Verhandlungstisch: Krieg, Frieden und Diplomatie zur Leibniz-Zeit"

(in Zusammenarbeit mit der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek und in Kooperation der Leibniz-Forschungsstelle Hannover)

Friede von Rijswijk 1697, zeitgenössischer Kupferstich.

Anlässlich des russischen Angriffs auf die Ukraine und angesichts des Scheiterns der Diplomatie ist für 2023 eine Vortragsreihe geplant unter dem Titel "Zurück an den Verhandlungstisch: Krieg, Frieden und Diplomatie zur Leibniz-Zeit", die in Kooperation mit der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek und der Forschungsstelle der Leibniz-Edition Hannover stattfinden wird. 

Die Vortragsreihe soll das Spannungsverhältnis von Krieg und Frieden in der Leibniz-Zeit aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchten. Schwerpunkte sind Diplomatie und internationale Konflikte, Militär und Gesellschaft, Kriegsrecht bei Leibniz sowie Europa und Russland. Gefragt wird: Wann schlugen außenpolitische Differenzen in Krieg um? Wie wurde ein Krieg militärisch organisiert und verwaltet (Waffenlieferungen, Sabotage)? Auf welche Weise ließen sich kriegerische Auseinandersetzungen rechtlich einhegen? Und wie gelang es den Kontrahenten, wieder an den Verhandlungstisch zurückzukehren?

Prof. Dr. Luca Basso (Padua):

Krieg und Frieden bei Leibniz.

DONNERSTAG, den 27. April 2023, 17.00 Uhr.

Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, Waterloostr. 8, 30169 Hannover.

Eintritt frei.

Abbildung: Niccolò Machiavelli: "Il Principe", 1550.

Referent

Luca Basso studierte Philosophie in Padua sowie in Berlin und promovierte 2004 mit einer Arbeit zum Thema Individuum und Gemeinschaft in der politischen Philosophie von Gottfried Wilhelm Leibniz. Er erhielt mehrere Forschungsstipendien, u.a. 2008 ein CNR-Stipendium für junge Forscher. Nachdem er 2015 Associate Professor für politische Philosophie an der Universität von Padua wurde, hat er dort seit 2020 eine ordentliche Professur inne. Zahlreiche Forschungsaufenthalte in Deutschland, Frankreich und Großbritannien: u.a. in Berlin (Freie Universität, Technische Universität (Marx-Engels-Gesamtausgabe), Potsdam (Leibniz-Edition), Hannover (Leibniz-Archiv) und in Wolfenbüttel (Herzog August Bibliothek). Er ist Gründungsmitglied der italienischen Leibniz-Gesellschaft Sodalitas Leibnitiana. Im Zentrum seiner Forschungen steht die Frage nach dem Verhältnis von individuellem und kollektivem Subjekt in der modernen und zeitgenössischen Philosophie, insbesondere im deutschen und französischen Sprachraum. Zu seinen Veröffentlichungen gehören u.a.: Individuo e comunità nella filosofia politica di G. W. Leibniz, 2005; Marx and Singularity. From the Early Writings to the "Grundrisse", 2012; Marx and the Common. From "Capital" to the Late Writings, 2015; Inventare il nuovo. Storia e politica in Jean-Paul Sartre, 2016; Leibniz und das Naturrecht, 2019.

Zum Vortrag

Der Vortrag zielt darauf ab, die Bedeutung des Themas "Krieg" bei Leibniz zu beleuchten, auch hinsichtlich einiger übereinstimmender Aspekte mit Machiavelli und dessen "Fürsten". Es wird der Zusammenhang zwischen Krieg und Souveränität aufgezeigt, wobei die Distanz der Leibnizʼschen Souveränitätskonzeption zu Thomas Hobbesʼ Staatstheorie verdeutlicht werden soll. Trotz einer Reihe von unterschiedlichen Aussagen zum Thema und deren internes Spannungsfeld soll herausgearbeitet werden, wie auf der Grundlage einer nicht-utopischen Vision, die nicht durch den Ausschluss von Krieg gekennzeichnet ist, die Dimension des Friedens für die Leibnizʼsche Gesamtperspektive zentral bleibt.

Vortrag vom 23. März 2023 aus der Vortragsreihe "Zurück an den Verhandlungstisch: Krieg, Frieden und Diplomatie zur Leibniz-Zeit"

(in Zusammenarbeit mit der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek und in Kooperation der Leibniz-Forschungsstelle Hannover)

Friede von Rijswijk 1697, zeitgenössischer Kupferstich.

Anlässlich des russischen Angriffs auf die Ukraine und angesichts des Scheiterns der Diplomatie ist für 2023 eine Vortragsreihe geplant unter dem Titel "Zurück an den Verhandlungstisch: Krieg, Frieden und Diplomatie zur Leibniz-Zeit", die in Kooperation mit der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek und der Forschungsstelle der Leibniz-Edition Hannover stattfinden wird. 

Die Vortragsreihe soll das Spannungsverhältnis von Krieg und Frieden in der Leibniz-Zeit aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchten. Schwerpunkte sind Diplomatie und internationale Konflikte, Militär und Gesellschaft, Kriegsrecht bei Leibniz sowie Europa und Russland. Gefragt wird: Wann schlugen außenpolitische Differenzen in Krieg um? Wie wurde ein Krieg militärisch organisiert und verwaltet (Waffenlieferungen, Sabotage)? Auf welche Weise ließen sich kriegerische Auseinandersetzungen rechtlich einhegen? Und wie gelang es den Kontrahenten, wieder an den Verhandlungstisch zurückzukehren?


Prof. Dr. Jutta Nowosadtko (Hamburg):

Wie ziehen Soldaten in den Krieg? Militärlogistik zur „Leibniz-Zeit“.

DONNERSTAG, den 23. März 2023, 17.00 Uhr.

Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, Waterloostr. 8, 30169 Hannover.

Eintritt frei.

Abb.: Adam Pisecki: Kriegs-Secretarius, Nürnberg 1683,

Referentin

Nach einem Studium der Geschichte, Sozialwissenschaften und Pädagogik an der Universität Essen, das sie mit der Ersten Staatsprüfung für das Lehramt für die Sekundarstufe II abschloss, wurde Jutta Nowosadtko dort 1993 mit einer sozial- und kulturgeschichtlichen Arbeit über Scharfrichter und Abdecker im frühneuzeitlichen Bayern promoviert. 2003 habilitierte sie sich an der Universität Essen mit der Studie "Das stehende Heer im Ständestaat. Bedingungen und Praxis des Zusammenlebens von Militär- und Zivilbevölkerung am Beispiel des Fürstbistums Münster, 1650-1803". Seit 2007 ist sie Professorin für die Geschichte der Frühen Neuzeit an der Helmut-Schmidt-Universität in Hamburg. Nowosadtkos aktuelle Forschungsschwerpunkte sind neben der Verwaltung und Gerichtsbarkeit des frühneuzeitlichen Militärs auch die Mensch-Tier-Geschichte und die Tiermedizin in der Frühen Neuzeit.

Zum Vortrag

Die neuere Militärgeschichtsschreibung hat immer wieder betont, dass der Unterhalt der Stehenden Heere seit dem 17. Jahrhundert auf der Fähigkeit der frühmodernen Staaten beruhte, diese zu verwalten. Es erscheint allerdings auffällig, dass die Forschung sich überwiegend für die Verwaltung in Friedenszeiten interessierte. Wie Mobilmachungen erfolgten und wie die Logistik des 18. Jahrhunderts organisiert wurde, ist deutlich weniger bekannt. Diese Militärverwaltung wird daher im Zentrum des Vortrags stehen.

Vortragsveranstaltung vom 23. Februar 2023

Prof. Dr. Peter Ullrich (Koblenz):

Integralrechnung bei Leibniz: Frühe Resultate zu monotonen Integranden und mögliche Konsequenzen für den heutigen Mathematikunterricht.

DONNERSTAG, den 23. Februar 2023, 17.00 Uhr.

Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, Waterloostr. 8, 30169 Hannover.

Eintritt frei.

Leibniz: Sämtliche Schriften und Briefe (Akademie-Ausgabe), Reihe VII, Band 6, 2012, S. 528, fig. 3.

Referent

Nach einem Studium der Mathematik und Physik an den Universitäten Bielefeld und Münster legte Peter Ullrich das Erste Staatsexamen für die Sekundarstufe II ab und wurde in Münster mit Arbeiten zur analytischen bzw. formellen algebraischen Geometrie über nichtarchimedisch bewerteten Körpern promoviert sowie habilitiert. Im Anschluss daran hatte er Positionen in Forschung und Lehre an den Universitäten Münster, Gießen, Augsburg und Siegen inne. Dabei wandte er sich sowohl der Didaktik der Mathematik der Sekundarstufen als auch der Geschichte der Mathematik zu. Seit 2005 ist er Professor für Mathematik und ihre Didaktik an der Universität Koblenz-Landau (ab 1.1.2023: Universität Koblenz).

Die mathematikhistorischen Untersuchungen Ullrichs beschäftigen sich größtenteils mit der Entwicklung von Bereichen der Theoretischen Mathematik, wie Analysis, Algebra und Zahlentheorie, speziell in der Zeit zwischen 1800 und 1950. Dabei interessieren ihn insbesondere die Umstände, die zu Formalisierungen mathematischer Konzepte führten. Zu seinen weiteren Forschungsthemen gehören seit einigen Jahren auch die Methoden astronomischer Berechnungen um 1600.

Zum Vortrag

Im Jahr 1676 verfasste Leibniz das Manuskript De quadratura arithmetica circuli ellipseos et hyperbolae cujus corollarium est trigonometria sine tabulis [Über die arithmetische Quadratur des Kreises, der Ellipse und der Hyperbel, von der ein Korollar die Trigonometrie ohne Tafeln ist], in dem er die Quadratur der Kegelschnitte sowie einiger von deren Verallgemeinerungen mit einem einheitlichen Ansatz behandelte. Allerdings blieb dieser Text zu seinen Lebzeiten unveröffentlicht; das vollständige Original wurde 1993 publiziert, eine Übersetzung ins Deutsche existiert seit 2007.

Die gemeinsame Basis der von Leibniz in dem Manuskript durchgeführten Überlegungen ist ein Resultat über die Approximation der gesuchten Quadraturwerte durch Summen von Flächeninhalten von Rechtecken im Falle monotoner Integranden. Übersetzt in die moderne Denk- und Sprechweise folgt hieraus, dass jede monotone Funktion Riemann-integrierbar ist. Die Leibnizsche Schlussweise genügt dabei auch heutigen Standards formaler Strenge; selbst die Definition "unendlich kleiner Quantitäten", die er dabei verwendet, lässt sich in Weierstraßscher Epsilontik fassen.

An Johann Bernoulli schrieb Leibniz im Jahr 1698, dass dieser Text "Anfängern in unseren Methoden gefallen würde". In der Tat: Schreibt man die Ideen von Leibniz fort, so ergibt sich eine Integrationstheorie für stückweise monotone Funktionen, mittels derer man nicht nur die Integrale der im Mathematikunterricht verwendeten Basisfunktionen, wie Monome, Exponential-, Sinus- und Cosinus-Funktion, bestimmen, sondern auch allgemeine Aussagen, wie die Regel der partiellen Integration und die Substitutionsregel, herleiten kann. Im Gegensatz zu dem sonst üblichen Zugang für stetige Integranden reicht für diese Theorie ein von den KMK-Bildungsstandards geforderter "propädeutischer Grenzwertbegriff" aus. Genauer gesagt, ist nur eine einzige Grenzwertbetrachtung erforderlich, die zudem im Geiste der schon in der Antike bekannten Exhaustionsmethode durchgeführt werden kann.

Vortrag vom 26. Januar 2023 aus der Vortragsreihe "Zurück an den Verhandlungstisch: Krieg, Frieden und Diplomatie zur Leibniz-Zeit"

(in Zusammenarbeit mit der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek und in Kooperation der Leibniz-Forschungsstelle Hannover)

Friede von Rijswijk 1697, zeitgenössischer Kupferstich.

Anlässlich des russischen Angriffs auf die Ukraine und angesichts des Scheiterns der Diplomatie ist für 2023 eine Vortragsreihe geplant unter dem Titel "Zurück an den Verhandlungstisch: Krieg, Frieden und Diplomatie zur Leibniz-Zeit", die in Kooperation mit der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek und der Forschungsstelle der Leibniz-Edition Hannover stattfinden wird. 

Die Vortragsreihe soll das Spannungsverhältnis von Krieg und Frieden in der Leibniz-Zeit aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchten. Schwerpunkte sind Diplomatie und internationale Konflikte, Militär und Gesellschaft, Kriegsrecht bei Leibniz sowie Europa und Russland. Gefragt wird: Wann schlugen außenpolitische Differenzen in Krieg um? Wie wurde ein Krieg militärisch organisiert und verwaltet (Waffenlieferungen, Sabotage)? Auf welche Weise ließen sich kriegerische Auseinandersetzungen rechtlich einhegen? Und wie gelang es den Kontrahenten, wieder an den Verhandlungstisch zurückzukehren?

Prof. Dr. Hillard von Thiessen (Rostock):

Krieg führen und Frieden schließen im Europa der Dynastien (17./18. Jahrhundert).

DONNERSTAG, den 26. Januar 2023, 17.00 Uhr.

Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, Waterloostr. 8, 30169 Hannover.

Eintritt frei. Anmeldung per E-Mail an kultur(at)gwlb.de oder unter Tel. 0511 1267 363

 

Abb.: Diego Velázquez: Die Übergabe von Breda, Öl auf Leinwand, um 1635, Museo del Prado, Madrid.

Referent

Nach dem Studium der Geschichte, Anglistik und Politologie an den Universitäten Kiel, Edinburgh und Freiburg wurde Hillard von Thiessen 2001 an der Universität Freiburg mit einer Arbeit zu den Kapuzinern zwischen Konfessionalisierung und Volkskultur in Freiburg und Hildesheim promoviert. Anschließend wandte er sich der Geschichte der Außenbeziehungen im Europa der Frühen Neuzeit zu und forschte zu den römisch-spanischen Beziehungen im frühen 17. Jahrhundert. 2007 erfolgte die Habilitation an der Universität Bern mit der Arbeit "Diplomatie und Patronage", die 2010 veröffentlicht wurde. Nachdem von Thiessen von 2007 bis 2012 den Lehrstuhl für die Geschichte der Frühen Neuzeit an der Universität zu Köln vertreten hatte, ist er seither Professor für Geschichte der Frühen Neuzeit an der Universität Rostock. Derzeit ist er dort beurlaubt und als Fellow am Käte-Hamburger-Kolleg "Einheit und Vielfalt im Recht" an der Universität Münster tätig. Seine Forschungsschwerpunkte sind Außenbeziehungen im Europa der Frühen Neuzeit, die Geschichte von Normen und Werten, Korruption in der Vormoderne und die politische Kultur Spaniens unter den Habsburgern.

 

Zum Vortrag

Das europäische Mächtesystem in der Frühen Neuzeit unterschied sich fundamental von dem der Moderne. Die Zeitgenossen nahmen es als eine Fürstengesellschaft wahr, in der Fürsten bzw. Dynastien und einige Republiken agierten. In diesem System überlagerten sich soziale und politische Normen, wenn Bündnisse mitunter durch Heiraten mehr oder weniger erfolgreich flankiert wurden. Und mit der Konfessionsspaltung nahm die Relevanz des Faktors des Religiösen deutlich an Bedeutung zu. Gleichzeitig gewann das Konzept der Staatsräson, das ein mehr oder weniger autonome Sphäre des (Macht-)Politischen schuf, an Verbreitung. Diese Ordnung war außerordentlich konfliktanfällig und die Dichte und Länge der in ihr ausgefochtenen Kriege auffällig. Der Vortrag wird die Ursachen dieser Friedlosigkeit darlegen und den Umgang der Zeitgenossen mit dem Krieg wie die Versuche, Frieden zu stiften, beschreiben. Regeln, die zur Eingrenzung des Krieges aufgestellt wurden, standen neben auch die Zeitgenossen verstörenden Gewaltausbrüchen. Religiöse aufgeladene Spannungen mündeten in erbitterte Auseinandersetzungen, während die Diplomatie Mittel und Wege ersann, den Frieden auch zwischen Glaubensfeinden herzustellen. Die Frühe Neuzeit wird somit als ein Zeitraum dargestellt, der beides war: eine Ära der Kriege und der Unsicherheit, und eine Phase, die erhebliche Anstrengungen zu ihrer Überwindung unternahm, und dies zumindest phasenweise nicht ganz ohne Erfolg.

Jahresvortrag der Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Gesellschaft vom 11. November 2022

(Foto oben: © Astrid Eckert)

Prof. Dr. Dr. h.c. Martina Hartmann (München):

"Junge, sympathische und begeisterungsfähige Menschen" – Ottokar und Hildegund Menzel als Mitarbeiter der Leibniz-Ausgabe (1940/41).

FREITAG, den 11. November 2022, 17.00 Uhr (im Anschluss an die Mitgliederversammlung).

Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, Waterloostr. 8, 30169 Hannover.

Eintritt frei.

Teilnahme auch über Onlinezuschaltung möglich. Um Anmeldung (bitte unter Angabe, ob Teilnahme in Präsenz oder online) wird gebeten: per E-Mail an info(at)leibnizgesellschaft.de oder unter Tel. 0511 1267 331. Bei Anmeldung für eine Onlinezuschaltung erhalten Sie die Zugangsdaten am Tag vor der Veranstaltung.

Referentin

1980-1986 Studium der Geschichte und Klassischen Philologie in Bonn; 1986 Erstes Staatsexamen für das Lehramt an Gymnasien; 1989 Promotion in Mittelalterlicher Geschichte; April 1989 bis April 2000 wissenschaftliche Mitarbeiterin der Monumenta Germaniae Historica (MGH); von 1996 bis 2000 Lehrbeauftragte an der Universität Regensburg; 2000 Habilitation an der Universität Regensburg für Mittelalterliche Geschichte und Historische Hilfswissenschaften; Umhabilitationen nach Heidelberg und an die LMU München, seit 2011 außerplanmäßige Professorin an der LMU und von April 2012 bis März 2018 Stellvertreterin des Präsidenten der MGH, seit März 2018 Präsidentin der MGH.

Zu den Forschungsschwerpunkten (Überlieferungsgeschichte lateinischer Texte des Mittelalters, Geschichte des frühen und hohen Mittelalters sowie den Gender Studies und der frühneuzeitlichen Geschichtsschreibung) trat in den vergangenen Jahren verstärkt die Beschäftigung mit der Geschichte der MGH in der Weimarer Republik und im Dritten Reich.

 

Zum Vortrag

Im Rahmen der Gleichschaltung der Berliner Akademie nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde Joseph Ehrenfried Hofmann Leiter der Leibniz-Ausgabe und suchte nach neuen Mitarbeitern, die ‚weltanschaulich in die neue Zeit‘ passten und fachlich exzellent waren. Der Direktor der Akademie, der Orientalist Helmuth Scheel, empfahl Hofmann das Wissenschaftler-Ehepaar Ottokar Menzel (1912-1945) und Hildegund Menzel-Rogner (1910-1945). Während Ottokar Menzel schließlich Hofmanns Stellvertreter werden sollte und für die Edition der historischen Schriften von Leibniz zuständig war, wurde die promovierte Philosophin und Mathematikerin Hildegund Menzel-Rogner für die mathematischen Schriften verpflichtet. Nach anfänglicher Begeisterung über die neuen Mitarbeiter verschlechterte sich das Verhältnis von beiden zu Hofmann so sehr, dass sie 1941 ausschieden, nachdem Ottokar Menzel Mitarbeiter der Abteilung für Kriegsgeschichte beim Oberkommando der Wehrmacht geworden war. Obwohl Ottokar und Hildegund Menzel keine Nationalsozialisten waren, lässt sich gerade an ihrem Leben und nicht zuletzt an ihrer Verpflichtung für die Leibniz-Ausgabe zeigen, wie beide sich in der Diktatur anpassten, um ‚durchzukommen‘. Aufgrund der ausgewerteten Archive der Familien Menzel und Rogner lässt sich das Leben der beiden jungen Leute bis hin zu ihrem Freitod Anfang Februar 1945 gut rekonstruieren und gibt einen lebendigen Eindruck von Leben und Alltag in der Diktatur.

Ottokar Menzel (1912-1945) und Hildegund Menzel-Rogner (1910-1945). (Foto aus dem Nachlass von Martha Bühner)

Vortrag vom 18. Oktober 2022 aus der Vortragsreihe: "Was sagen uns die Gestirne?" Zur Astronomie in der frühen Aufklärung in Wissenschaft, Weltbild und Politik

(in Zusammenarbeit mit der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek und in Kooperation mit der Erhard-Weigel-Gesellschaft e.V.)

Dr. Robert Schmidt (Heidelberg):

Die Kalenderreform von 1700.

DIENSTAG, den 18. Oktober 2022, 17.00 Uhr.

Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, Waterloostr. 8, 30169 Hannover.

Eintritt frei. Teilnahme auch über Onlinezuschaltung möglich. Um Anmeldung (bitte unter Angabe, ob Teilnahme in Präsenz oder online) wird gebeten: per E-Mail an info(at)leibnizgesellschaft.de oder unter Tel. 0511 1267 331. Bei Anmeldung für eine Onlinezuschaltung erhalten Sie die Zugangsdaten am Tag vor der Veranstaltung.

Abbildung: Erste Berliner Sternwarte auf dem Marstall in der Dorotheenstadt, aus: J. B. Homann: Atlas Cosmographicus Major, Nürnberg [1735?], Ausschnitt der Tafel „Hemisphaerium Coeli Australe“, https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/homann1730/0082

Referent

Robert W. Schmidt hat in Hamburg sowie Melbourne Physik studiert und in Potsdam promoviert. Er arbeitet am Astronomischen Rechen-Institut (ARI) des Zentrums für Astronomie der Universität Heidelberg (ZAH). Sein Forschungsinteresse gilt der Kosmologie, insbesondere dem Gravitationslinseneffekt, Quasaren und Galaxienhaufen. Seit einigen Jahren bearbeitet er die jährlich vom ARI herausgegebenen "Astronomischen Grundlagen für den Kalender".

Zum Vortrag

Im Jahr 1700 wurde in Berlin die "Societät der Wissenschaften" gegründet mit Leibniz als ihrem ersten Präsidenten. Eine wichtige Aufgabe war der Aufbau eines Observatoriums in Berlin mitsamt der Herausgabe eines "verbesserten Kalenders", der das Sonnenjahr mit dem Kalenderjahr besser zusammenbringen und das Osterfest auf der Basis astronomischer Daten bestimmen sollte. Entscheidend war, dass der Verkauf der Kalender das Einkommen der "Societät" sicherte. In diesem Vortrag wird geschildert, warum die Verbesserungen am Kalender nötig wurden, wie dieser Umstand tatsächlich die Gründung der "Societät" und des Observatoriums förderte und warum das so genannte Kalenderpatent (im Nachdruck) auch heute noch den Korridor des Astronomischen Rechen-Instituts in Heidelberg ziert.

Vortrag vom 29. September 2022 aus der Vortragsreihe: "Was sagen uns die Gestirne?" Zur Astronomie in der frühen Aufklärung in Wissenschaft, Weltbild und Politik

(in Zusammenarbeit mit der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek und in Kooperation mit der Erhard-Weigel-Gesellschaft e.V.)

Dr. Hans Gaab (Nürnberg):

Die Sonnenfinsternisse von 1654 und 1706 - ein Vergleich.

DONNERSTAG, den 29. September 2022, 17.00 Uhr.

Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, Waterloostr. 8, 30169 Hannover.

Eintritt frei. Teilnahme auch über Onlinezuschaltung möglich. Um Anmeldung (bitte unter Angabe, ob Teilnahme in Präsenz oder online) wird gebeten: per E-Mail an info(at)leibnizgesellschaft.de oder unter Tel. 0511 1267 331. Bei Anmeldung für eine Onlinezuschaltung erhalten Sie die Zugangsdaten am Tag vor der Veranstaltung.

Abb.: Johann Baptist Homann/Johann Gabriel Doppelmayr: Eclipseos Solis totalis cum mora d. 12 Maji 1706 horis antem in Europa celebratae geographica repraesentatio, Amsterdam 1706, Biblioteca comunale di Trento, GG 1 at a 1 – 0064, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=66174803

Referent

Hans Gaab ist Astronomiehistoriker und Lehrer für Mathematik und Physik. An der Universität Erlangen-Nürnberg studierte er beide Fächer für das Lehramt an Gymnasien. Im Jahr 1981 absolvierte er das erste, 1984 das zweite Staatsexamen. Von 1984 bis 1986 war er als Programmierer für Computertomografen tätig. Anschließend arbeitete er 1989 als Lehrer für den Deutschen Entwicklungsdienst in Tansania. Seit 1990 ist er Gymnasiallehrer an Nürnberger städtischen Gymnasien. Seit mehr als zwanzig Jahren beschäftigt er sich in zahlreichen Veröffentlichungen mit Astronomiegeschichte, speziell zu Nürnberg. U.a. baute er seit Ende der neunziger Jahre eine umfangreiche Sammlung zur Geschichte der Astronomie in Nürnberg in der Internetpräsentation "Astronomie in Nürnberg" auf. 2010 promovierte er mit einer Arbeit zum Altdorfer Hochschuldozenten Abdias Trew (1597–1669). 2015 publizierte er eine umfangreiche Arbeit zu den Sternkarten von Albrecht Dürer.


Zum Vortrag

Noch zur beginnenden Neuzeit waren Sonnenfinsternisse gefürchtete Ereignisse, um die es mancherlei astrologische Spekulationen gab, obzwar man damals schon diese Ereignisse weit vorausberechnen konnte. Um 1700 sah die Situation dann aber schon anders aus: Die Astrologie hatte ihren Status als Wissenschaft verloren und war weitgehend aus den Universitäten verdrängt worden. Dafür waren Sonnenfinsternisse aber für die Kartographie sehr wichtig geworden: Aus den Zeiten für Beginn und Ende der Finsternis an verschiedenen Orten konnten die Differenzen der geographischen Koordinaten der verschiedenen Orte berechnet werden. Die geänderte Situation lässt sich sehr gut an den Finsternissen vom 12. August 1654 und vom 12. Mai 1706 veranschaulichen: Während es 1654 noch zahlreiche astrologisch geprägte Warnungen gab, herrschte 1706 diesbezüglich große Gelassenheit, stattdessen versuchten zahlreiche Astronomen das Ereignis korrekt aufzuzeichnen und ihre Ergebnisse mit denen anderer Beobachter zu vergleichen.

Vortrag vom 18. August 2022 aus der Vortragsreihe: "Was sagen uns die Gestirne?" Zur Astronomie in der frühen Aufklärung in Wissenschaft, Weltbild und Politik

(in Zusammenarbeit mit der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek und in Kooperation mit der Erhard-Weigel-Gesellschaft e.V.)

Abb.: Kupfertitel des Eitelkeiten-Kalenders für 1669 von Alethophilus von Uranien (das ist Johann Christoph Sturm). © Verlag HKD Jena.

Dr. Klaus-Dieter Herbst (Jena):

Der Wegfall der Astrologie aus dem Kanon der Wissenschaften zwischen 1640 und 1700.

DONNERSTAG, den 18. August 2022, 17.00 Uhr.

Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, Waterloostr. 8, 30169 Hannover.

Eintritt frei. Teilnahme auch über Onlinezuschaltung möglich. Um Anmeldung (bitte unter Angabe, ob Teil-nahme in Präsenz oder online) wird gebeten: per E-Mail an info(at)leibnizgesellschaft.de oder unter Tel. 0511 1267 331. Bei Anmeldung für eine Onlinezuschaltung erhalten Sie die Zugangsdaten ca. 2 Tage vor der Veranstaltung.


Referent

1982-1987 Studium der Physik, Astronomie und Pädagogik an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. 1987-1990 Forschungsstudent am Institut für Geschichte der Medizin, Naturwissenschaften und Technik der FSU Jena. 1991 Promotion mit der Dissertation "Zur Entwicklung des Meridiankreises 1700-1850 unter Berücksichtigung des Wechselverhältnisses zwischen Astronomie, Astro-Technik und Technik", die 1992 mit dem Rudolf-Kellermann-Preis ausgezeichnet wurde. 1991-2000 Gymnasiallehrer für Physik und Astronomie. 2002-2011 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an verschiedenen deutschen Universitäten, 2014-2017 DFG-Projekt "Biobibliographisches Handbuch der Kalendermacher von 1550 bis 1750", 2020 Abschluss der Druckfassung des "Biobibliographischen Handbuchs der Kalendermacher".


Zum Vortrag

Mehrere Jahrtausende warfen die Menschen einen wissenschaftlichen Blick in die Zukunft, indem sie die Himmelspositionen der Planeten, des Mondes und der Sonne ermittelten und aus ihrer Lage zueinander und mit Blick auf die Stellungen im Tierkreis die Wirkungen auf das irdische Geschehen voraussagten, prophezeiten, prognostizierten. Bis in die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts galten astrologische Mutmaßungen (Prophezeiungen) als wissenschaftliche Praxis und noch bis weit in das 18. Jahrhundert hinein glaubten viele Menschen an die aus den Gestirnen abgeleiteten Prophezeiungen, die dann aber nicht mehr als Ausdruck von Wissenschaft angesehen wurden.

Im Vortrag werden zunächst Beispiele für den astrologischen Blick in die Zukunft aus verschiedenen Jahrhunderten vorgestellt. Anschließend wird der Frage nachgegangen, welche Gelehrten in Mitteleuropa Mitte des 17. Jahrhunderts erstmals öffentlich in einem Schreibkalender – dem Massenmedium, dem sich Menschen in allen sozialen Schichten bedienten, von den Bauern und Handwerkern über die Studenten und Gelehrten bis zu den Fürsten und Königen – Kritik an den astrologischen Mutmaßungen und damit Zweifel an der Astrologie als eine Wissenschaft übten. Schließlich wird die These vorgetragen, dass ein Naturereignis – die große Sonnenfinsternis vom 2./12. August 1654 – mit dazu beigetragen hat, dass in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts der Astrologie der Charakter einer Wissenschaft abhandenkam. Die Astrologie wurde aus dem Kanon der Wissenschaften verbannt.

Vortrag vom 21. Juli 2022 aus der Vortragsreihe: "Was sagen uns die Gestirne?" Zur Astronomie in der frühen Aufklärung in Wissenschaft, Weltbild und Politik

(in Zusammenarbeit mit der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek und in Kooperation mit der Erhard-Weigel-Gesellschaft e.V.)

Abb.: Der Gottorfer Globus im großen Saal des Lusthauses. Quelle: www.gottorferglobus.de, © Dr. Felix Lühning, Berlin.

Prof. Dr. Günther Oestmann (Bremen/Berlin):

Barocke Weltmodelle: Der "Gottorfer Globus" des Adam Olearius und der "Pancosmos" Erhard Weigels.

Donnerstag, den 21. Juli 2022, 17.00 Uhr.

Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, Waterloostr. 8, 30169 Hannover.

Eintritt frei. Anmeldung per E-Mail an kultur(at)gwlb.de oder unter Tel. 0511 1267 303

Referent

Geboren 1959, 1979-1982 Ausbildung zum Uhrmacher, 1983-1990 Studium der Kunstgeschichte, Neueren Geschichte und Geschichte der Naturwissenschaften in Tübingen und Hamburg. 1990 Magisterprüfung, 1992 Promotion, bis 1994 Volontär am Württembergischen Landesmuseum Stuttgart. 1996-2002 Assistent am Institut für Geschichte der Naturwissenschaften der Universität Hamburg, 2001 Habilitation. 2002 Meisterprüfung an der Bundesfachschule für Uhrmacher in Karlstein/Österreich. 2013 Verleihung des "Prix Gaïa" des Musée international d’horlogerie (La Chaux-de-Fonds). Seit 2017 apl. Professor für Wissenschaftsgeschichte an der Technischen Universität Berlin. U.a. Veröffentlichungen über: Die Straßburger Münsteruhr: Funktion und Bedeutung eines Kosmos-Modells des 16. Jahrhunderts (1993); Schicksalsdeutung und Astronomie: Der Himmelsglobus des Johannes Stoeffler von 1493 (1993); Uhren und Instrumente der Familie Hager aus Wolfenbüttel und Braunschweig (1999); Heinrich Rantzau und die Astrologie: Ein Beitrag zur Kulturgeschichte des 16. Jahrhunderts (2004); Heinrich Johann Kessels (1781–1849): Ein bedeutender Verfertiger von Chronometern und Präzisionsuhren. Biographische Skizze und Werkverzeichnis (2011); Auf dem Weg zum "Deutschen Chronometer": Die Einführung von Präzisionszeitmessern bei der deutschen Handels- und Kriegsmarine bis zum Ersten Weltkrieg (2012); Geschichte, Konstruktion und Anwendung des Astrolabiums bei Zifferblättern astronomischer Uhren (2014).

Zum Vortrag

Zwischen 1650 und 1664 entstand in Gottorf unter Herzog Friedrich III. ein Riesenglobus, der weithin bekannt war und von vielen Zeitgenossen als Weltwunder bestaunt wurde. Die wissenschaftliche Leitung des Projekts oblag dem Hofmathematiker und -bibliothekar Adam Olearius. Mit dem Gottorfer Globus und seinem Pendant (einer "Sphaera Copernicana") wurde das astronomische Wissen der Zeit bildhaft präsentiert. Am Abbild von Erde und Kosmos sollte man auch den Schöpfer und seine Allmacht erkennen. Erhard Weigel, seit 1653 Professor der Mathematik an der Universität Jena, konstruierte ebenfalls einen als „Pancosmos“ bezeichneten monumentalen Globus, der 1661 auf dem Jenaer Stadtschloss Aufstellung fand. Während der Gottorfer Globus 1717 nach St. Petersburg gelangte, wurde Weigels "Pancosmos" wegen seines großen Gewichts 1692 demontiert. Die beiden barocken Weltmodelle können als Vorläufer heutiger Planetarien gelten.

1. Juli 2022 - Festvortrag zu Leibniz’ 376. Geburtstag

in Kooperation mit der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek und der Leibniz Universität Hannover

Die diesjährige Wiederkehr von Leibniz’ Geburtstag begehen die Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Gesellschaft und die Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek in Kooperation mit der Leibniz Universität Hannover mit einem Festvortag von

Prof. Dr. Peter Nickl (Regensburg/Hannover):

Esel, Hund und Papagei: Leibniz und die (sprechenden) Tiere,

Mit musikalischer Umrahmung.

FREITAG, den 1. Juli 2022, 16.00 Uhr.

Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, Waterloostr. 8, 30169 Hannover.

Eintritt frei. Anmeldung per E-Mail an kultur(at)gwlb.de oder unter Tel. 0511 1267 303


Referent

Peter Nickl, geb. 1958 in München, studierte Philosophie in München und in Pavia. 1991 promovierte er bei Robert Spaemann mit einer Arbeit über Jacques Maritain, 2000 erfolgte die Habilitation in Regensburg („Ordnung der Gefühle. Studien zum Begriff des habitus“, 2. Aufl. Hamburg 2005). Sein Forschungsschwerpunkt ist die Geschichte der Philosophie, besonders die Philosophie des Mittelalters. Peter Nickl ist apl. Prof. an der Universität Regensburg und organisiert mit seiner Frau Assunta Verrone das Festival der Philosophie in Hannover.

Zum Vortrag

Bei kaum einem Philosophen nehmen die Tiere einen so hohen Rang ein wie bei Leibniz. Während Descartes sie zu seelenlosen Automaten erklärt, mit denen man nach Belieben experimentieren, ja die man sogar vivisezieren kann, bringt ihnen Leibniz Achtung und höchste Sympathie entgegen. Das ist aber nicht nur persönliche Vorliebe, sondern im System der Wirklichkeit begründet. Für Leibniz hängen, nach dem Gesetz der Kontinuität, alle Seinsstufen zusammen. Es gibt Übergänge zwischen dem Unbelebten und dem Belebten, zwischen Pflanze und Tier, zwischen Tier und Mensch. Von sprechenden Tieren war Leibniz daher besonders angetan: etwa von Bileams Esel, vom sprechenden Hund des Herzogs von Sachsen-Zeitz und vom Papagei der Mademoiselle de Scudéry.

 

 

Vortrag vom 23. Juni 2022

 

in Verbindung mit der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek

in Kooperation mit

dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen K.d.ö.R., 

dem Landesverband der israelitischen Kultusgemeinden von Niedersachsen K.d.ö.R., 

der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Hannover e.V., 

und Begegnung – Christen und Juden Niedersachsen e.V.

Vortragsreihe – Jüdische Denker im Dialog mit Leibniz


Prof. Dr. Thomas Meyer (München):

Nicht nur „Tatsachen- und Vernunftwahrheiten“. Hannah Arendts Auseinandersetzungen mit Leibniz.

Donnerstag, den 23. Juni 2022, 17.00 Uhr.

Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, Waterloostr. 8, 30169 Hannover. 

Eintritt frei. Anmeldung per E-Mail an kultur(at)gwlb.de oder unter Tel. 0511 1267 303


Referent

Nach mehrjähriger Tätigkeit in verschiedenen Banken studierte Thomas Meyer an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München und der Hochschule für Philosophie München, Philosophie, Neuere Deutsche Literatur und Gräzistik. 2003 wurde er an der LMU mit einer Arbeit über Ernst Cassirer promoviert und habilitierte sich 2008 dort mit der Studie "Zwischen Philosophie und Gesetz", die sich mit jüdischem Denken zwischen 1933 und 1938 auseinandersetzte. Zahlreiche, z.T. mehrjährige Forschungsaufenthalte und Lehrtätigkeiten führten ihn u.a. nach Österreich, die Schweiz, Israel und die USA. Seit 2020 ist Meyer apl. Professor für Philosophie an der LMU München. Seit Herbst 2020 gibt Meyer im Münchner Piper Verlag eine Studienausgabe der Schriften Hannah Arendts heraus, in der bisher sechs Bände erschienen (zuletzt im April 2022 "Eichmann in Jerusalem", mit einem Nachwort von Helmut König). 2023 wird eine Biographie Arendts ebenfalls bei Piper veröffentlicht werden. Darüber hinaus hat er zahlreiche Monographien und Sammelbände zur Ideengeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts vorgelegt. Seit über zwanzig Jahren publiziert Meyer in überregionalen Tages- und Wochenzeitungen, wie der SZ, ZEIT, FAS und FAZ, sowie Radio-Essays für den Bayerischen Rundfunk und den DLF.


Zum Vortrag

Eine Analyse der Verbindung von Hannah Arendt, Leibniz und Judentum, Jüdischsein und jüdischer Geschichte, ist nicht nur auf den ersten Blick unmöglich. Dass eine solche Verbindung noch nicht untersucht wurde, nachdem man mit Hannah Arendts Person und Werk bereits alles Mögliche und Unmögliche in den Populärkulturen und in der Wissenschaft ausprobierte, verwundert nicht. Sieht man nämlich von dem Aufsatz "Wahrheit und Politik" (1964/69) einmal ab, der Leibniz’ Unterscheidung von Tatsachen- und Vernunftwahrheiten (§ 33 der "Monadologie") aufnimmt, fällt bereits die Verbindung zu Leibniz mehr als schwer. Da ist von Judentum, Jüdischsein oder jüdischer Geschichte nicht einmal vermittelt die Rede. Doch die Verbindung der drei Elemente lässt sich bei genauerem Hinsehen herstellen und nicht nur das – sie führt ins Zentrum von Arendts Denken. In ihrer Bibliothek hat sich Otto Saames Edition der Leibniz’schen "Confessio philosophi" (1967) erhalten. Das Exemplar ist ausführlich annotiert. Der Dialog zwischen Philosoph und Theologe führt zu Grundfragen zurück, die zahlreiche jüdische Denkerinnen und Denker in der Weimarer Republik und im sogenannten "Dritten Reich" beschäftigte: Wie lässt sich das Verhältnis von Offenbarungs- und Vernunftwahrheit bestimmen? Warum scheiterte die "jüdische Emanzipation"? Welche Handlungsoptionen bietet der Zionismus?

Der Vortrag wird den Antwortversuchen Hannah Arendts auf diese Fragen nachgehen und am Ende auf Leibniz’ "Confessio philosophi" und Hannah Arendts Fragment gebliebenes Werk "Life of the Mind" zurückkommen.

(Abb. links: aus Hannah Arendts Exemplar der „Confessio philosophi“ von Leibniz. Mit dankenswerter Genehmigung des Referenten. Abb. rechts: https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Hannah_Arendt_auf_dem_1._Kulturkritikerkongress,_Barbara_Niggl_Radloff,_FM-2019-1-5-9-16.jpg)

Online-Vortrag vom 19. Mai 2022

 

in Verbindung mit der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek

in Kooperation mit

dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen K.d.ö.R., 

dem Landesverband der israelitischen Kultusgemeinden von Niedersachsen K.d.ö.R., 

der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Hannover e.V., 

und Begegnung – Christen und Juden Niedersachsen e.V.

Vortragsreihe – Jüdische Denker im Dialog mit Leibniz


Dr. Lucie K. Mercier (Berkeley, U.S.A.):

The Point of Indifference: Benjamin, Leibniz and Monadic Expression.

Donnerstag, den 19. Mai 2022, 18.00 Uhr.

Die Vortragsveranstaltung findet online und in Englisch statt. Nähere Informationen und die Zugangsdaten erhalten Sie nach Anmeldung wenige Tage vor der Veranstaltung. Um Ihre Anmeldung wird gebeten per E-Mail an: info(at)leibnizgesellschaft.de


Referentin

Lucie K. Mercier is a Postdoctoral Researcher in Philosophy, currently visiting the Program in Critical Theory at the University of California Berkeley. She was previously a Research Fellow and Lecturer at the Centre for Research in Modern European Philosophy (CRMEP), Kingston University, London (2016-2019) where she obtained her PhD, as well as a Visiting Scholar at the University of Paris 8 (2020-1). Her current research, funded by the Swiss National Science Foundation, tackles the ways in which questions of race and coloniality interfere with the concepts, models and practices of post-Kantian philosophy. She has published on a variety of topics in the history of philosophy, in particular on Michel Serres and French 1960s epistemology, the philosophy of translation and expression, race, aesthetics and method in the history of philosophy. Recent publications include “Warding Off the Ghosts of Race in the Historiography of Philosophy”, in: Critical Philosophy of Race 10/1 (2022); “Zwischen Formalismus und Geschichte: Serres und Foucault in Clermont-Ferrand”, in: Michel Serres: Das vielfältige Denken (2020); and “Michel Serres’s Leibnizian Structuralism”, in: Angelaki 24/6 (2019). Lucie K. Mercier is a member of the Radical Philosophy editorial collective.


Zum Vortrag

Though Walter Benjamin seldom offered any direct commentary of Leibniz’s texts, the Monadologie, and the figure of the monad in particular, played a pivotal role in his philosophy. In order to tackle Benjamin’s subterranean relationship with Leibniz’s philosophy, I propose to focus on the problematic of expression, which, for Benjamin, had both metaphysical and critical-epistemological (erkenntniskritische) stakes. I will reconstruct the dual trajectory of expression in Benjamin’s early works: a metaphysical-linguistic one on the one hand; and a linguistic-systematic one, on the other hand. Although they did not strictly derive from Leibniz, these two aspects of expression became unified in Benjamin’s conceptualisations of the Monad, firstly in the Epistemo-Critical prologue to the Origin of the German Trauerspiel [Ursprung des deutschen Trauerpiels], and secondly in the Arcade Project [Passagenwerk]. My hypothesis, then, is that these two complementary aspects might help us explain the simultaneous intimacy of Benjamin and Leibniz and the heterodoxy of Benjamin’s “monadology”.

Online-Vortrag vom 24. März 2022

 

in Verbindung mit der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek

in Kooperation mit

dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen K.d.ö.R., 

dem Landesverband der israelitischen Kultusgemeinden von Niedersachsen K.d.ö.R., 

der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Hannover e.V., 

und Begegnung – Christen und Juden Niedersachsen e.V.

Vortragsreihe – Jüdische Denker im Dialog mit Leibniz

 

Dr. Raphael Döhn (Hannover):

Gott nach Auschwitz denken – Jüdische Theodizee bei Hans Jonas und Abraham Joshua Heschel.

Donnerstag, den 24. März 2022, 17.00 Uhr.

Die Vortragsveranstaltung findet online statt. Nähere Informationen und die Zugangsdaten erhalten Sie nach Anmeldung am 22. März zugeschickt. Um Ihre Anmeldung wird gebeten per E-Mail an: info(at)leibnizgesellschaft.de


Referent

Dr. Raphael Döhn, geb. 1989, ist evangelischer Theologe im Fachgebiet Systematische Theologie. Von 2015 bis 2021 war er zunächst Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Kassel und im Anschluss an der Philipps-Universität Marburg. Seit 2021 ist er Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Leibniz Universität Hannover. Er promovierte mit einer Studie zur Theodizeefrage in christlichen und jüdischen Entwürfen des 20. Jahrhunderts, insbesondere im Hinblick auf die Gesamtwerke von Hans Jonas, Dorothee Sölle und Abraham Joshua Heschel. Aktuell arbeitet er an einer Habilitation zur Theologie der Solidarität.


Zum Vortrag

Die Theodizeefrage – die Frage nach dem Leid angesichts des Glaubens an Gott – ist eine der zentralen Fragen der Menschheitsgeschichte. Durch die Erfahrung der Shoah stellt sich diese Frage für das Judentum, aber auch für das Christentum noch drängender, als dies zuvor ohnehin schon der Fall war. Im Rahmen des Vortrags werden die Antwortansätze, welche der jüdische Philosoph Hans Jonas und der jüdische Theologe Abraham Joshua Heschel im Hinblick auf die Shoah und die Theodizeefrage entwickelt haben, dargestellt, kritisch beleuchtet sowie miteinander und mit der christlichen Theologie in einen Dialog gebracht. Von besonderer Bedeutung ist hierbei, ob und wie nach der Shoah die All-Macht, das Handeln und das Leiden Gottes gedacht werden können. In Bezug auf die Menschen steht die Frage nach ihrer Verantwortung angesichts des Leides im Fokus.

Abraham Joshua Heschel (1907–1972) © University of California, Los Angeles.
Hans Jonas (1903–1993) © Hans Jonas-Zentrum Berlin e.V.

Online-Vortrag vom 24. Februar 2022

 

in Verbindung mit der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek

in Kooperation mit

dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen K.d.ö.R., 

dem Landesverband der israelitischen Kultusgemeinden von Niedersachsen K.d.ö.R., 

der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Hannover e.V., 

und Begegnung – Christen und Juden Niedersachsen e.V.

Vortragsreihe – Jüdische Denker im Dialog mit Leibniz

 

Prof. Dr. Enno Rudolph (Luzern):

Die Bedeutung von Leibniz für die Politisierung der Kulturphilosophie Ernst Cassirers.

Donnerstag, den 24. Februar 2022, 17.00 Uhr.

Die Vortragsveranstaltung findet online statt. Nähere Informationen und die Zugangsdaten erhalten Sie nach Anmeldung am 22. Februar zugeschickt. Um Ihre Anmeldung wird gebeten per E-Mail an: info(at)leibnizgesellschaft.de


Referent

Nach Studium der Philosophie und Evangelischen Theologie sowie Promotion 1974 an der Universität Heidelberg wurde Enno Rudolph 1977 Leiter des Fachbereichs Philosophie am Interdisziplinären Forschungszentrum FEST in Heidelberg (bis 2000) und ab 1990 apl. Professor für Religionsphilosophie an der dortigen Universität. Er war von 1991 bis 2010 Mitherausgeber der Internationalen Zeitschrift für Philosophie sowie von 2000 bis 2011 Ordinarius für Philosophie an der Kultur- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität Luzern. 2004 gründete er dort das Kulturwissenschaftliche Institut, dessen geschäftsführender Leiter er bis 2011 war. Seit 2005 ist er Mitglied des Kuratoriums der Schweizerischen Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften für den Grundriss der Geschichte der Philosophie (Ueberweg) und Herausgeber der Bände „Renaissance und Humanismus“. Nach Emeritierung 2011 Annahme zahlreicher Gastprofessuren im In- und Ausland. Seine Forschungsschwerpunkte sind Politische Philosophie, Kulturphilosophie, Wirkungsgeschichte der griechischen Philosophie, Geschichte des Renaissancehumanismus in Europa, Morphologie des politischen Denkens. Wichtigste Publikationen: Odyssee des Individuums (1991); Theologie diesseits des Dogmas (1994); Ernst Cassirer im Kontext (2003); Wege der Macht. Philosophische Theorien der Macht von den Vorsokratikern bis heute (2017); Der Europäer Erasmus von Rotterdam. Ein Humanismus ohne Grenzen (2018); Neu-Edition von: Niccolò Machiavelli: Il Principe/Der Fürst, it./dt. (2019); Niccolò Machiavelli: Historische Vernunft und politische Macht, Würzburg 2021.


Zum Vortrag

Zur Überraschung von Hörer und Leser hat Ernst Cassirer im Jahr 1928 in seiner Eigenschaft als Rektor der Universität Hamburg seine Rede zur Verfassungsfeier zum Anlass genommen, um die Idee der Republik als Staats- und Verfassungsform nachhaltig zu verteidigen. Dabei bezog er sich nicht auf Cicero oder Erasmus von Rotterdam, sondern ausführlich auf Leibniz, und würdigte auf der Grundlage von dessen Modell der Monadologie die Werte des Pluralismus und der Freiheit des Individuums als republikanische Errungenschaften. Jürgen Habermas hat bereits vor einigen Jahrzehnten in einer bemerkenswerten Studie auf den politischen Gehalt der Verfassungsrede Cassirers aufmerksam gemacht und herausgestellt, dass sie als rhetorisch geschickt aufgebaute und diplomatisch vorgetragene Kritik am zunehmenden Nationalismus in Deutschland – besonders auch an den Universitäten – verstanden werden muss. Leibniz’ Konzept der substance individuelle spielt dabei ebenso eine zentrale und exemplarische Rolle wie sein philosophischer Universalismus – beides unverzichtbare Elemente für das Profil des Republikanismus. Der Vortrag will zeigen, dass Cassirers Rückgriff auf Leibniz im Interesse einer politischen Option kein Zufall ist, sondern dass er sich aus der Logik der gründlichen Darstellung der Philosophie von Leibniz ergibt, wie Cassirer sie bereits in seinem berühmten Werk über Leibniz im Jahre 1902 vorgelegt hatte. Cassirer war und blieb zeitlebens in erster Linie ein Leibnizianer und war allenfalls sekundär ein Kantianer. Zum „Neukantianismus“ hat er sich nie entschieden bekennen mögen. Er verstand Leibniz als einen Theoretiker des Republikanismus und machte ihn zu seinem wichtigsten Gewährsmann in seiner Konzeption eines humanistischen Individualismus. Es war dieser Hintergrund, vor dem er in einer Studie aus dem Jahre 1944 seine grundlegende Auffassung von der Idee des Judentums als genauen Gegenentwurf zum Nationalsozialismus präsentierte. Mit der ursprünglichen Verwandtschaft zwischen Humanismus und Judentum gewann die Geschichte des Judentums – wie zu zeigen sein wird – für seine Philosophie der Kultur eine grundlegend andere Bedeutung als etwa für Hermann Cohen oder Walter Benjamin: es war das Judentum als Beitrag zum Prozess der „Selbstbefreiung des Menschen“ und nicht das Judentum als Religion.

„Die Opferung Isaaks“, Michelangelo Caravaggio, 1594-1596, Florenz, Galleria degli Uffizi.

Online-Vortrag vom 31. Januar 2022

 

in Verbindung mit der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek

in Kooperation mit

dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen K.d.ö.R., 

dem Landesverband der israelitischen Kultusgemeinden von Niedersachsen K.d.ö.R., 

der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Hannover e.V., 

und Begegnung – Christen und Juden Niedersachsen e.V.

Vortragsreihe – Jüdische Denker im Dialog mit Leibniz

 

Prof. Dr. Christoph Schulte (Potsdam):

Leibniz’ Theodizee bei Moses Mendelssohn.

Montag, den 31. Januar 2022, 17.00 Uhr.

Die Vortragsveranstaltung findet online statt. Nähere Informationen und die Zugangsdaten erhalten Sie nach Anmeldung am 28. Januar zugeschickt. Um Ihre Anmeldung wird gebeten per E-Mail an: info(at)leibnizgesellschaft.de


Referent

Christoph Schulte (geb. 1958) studierte Philosophie, Judaistik, Theologie und Publizistik in Heidelberg, Berlin und Jerusalem. Er promovierte 1987 an der Freien Universität Berlin mit einer Arbeit über das Böse von Kant bis Nietzsche (veröffentlicht unter dem Titel Radikal böse. Die Karriere des Bösen von Kant bis Nietzsche, 1988). Nach Habilitation 1996 an der Universität Potsdam ist er dort seit 2001 außerplanmäßiger Professor für Jüdische Studien und Philosophie. Zahlreiche Fellowships und Gastprofessuren weltweit. Seine Arbeitsschwerpunkte sind u.a. Philosophiegeschichte, jüdische Religions- und Kulturgeschichte, Aufklärung/Haskala sowie Wissenschaft des Judentums. Weitere Veröffentlichungen sind u.a. Psychopathologie des Fin de siècle. Der Kulturkritiker, Arzt und Zionist Max Nordau (1997), Die jüdische Aufklärung. Philosophie Religion Geschichte (2002), Zimzum. Gott und Weltursprung (2014), Von Moses zu Moses … Der jüdische Mendelssohn (2020).


Zum Vortrag

Auf einem Stammbuchblatt, datiert: Berlin, den 1. Februar 1781, schrieb Moses Mendelssohn: Bestimmung des Menschen. Warheit erkenen, Schönheit lieben, Gutes wollen, das Beste thun. Dieses Stammbuch-Motto, von dem noch mindestens fünf ähnliche Varianten bekannt sind, hat schon unter Zeitgenossen Verwirrung ausgelöst. Der Vortrag möchte auf eine Parallele dieses Stammbucheintrags zu einer Reflexion von Leibniz über die Theodizee hinweisen. Das gleichnamige Werk von Leibniz war Mendelssohn bekannt. Und mit Leibniz’ Überlegungen zur Theodizee hat sich Mendelssohn lange Jahre auseinandergesetzt, so in einer unveröffentlichten Adaptation von Leibniz’ De Causa Dei Asserta und in seinem hebräischen Kommentar zum biblischen Prediger-Buch. Diese Auseinandersetzung ist Thema des Vortrags.

Moses Mendelssohn, nach einem Portrait von Anton Graff von 1771, Jüdisches Museum Berlin.

Online-Vortrag vom 17. November 2021

Titel: Le charlatan, Rembrandt (1606-1669), 1635. Bibliothèque nationale de France, Paris, département Estampes et photographie, RESERVE BOITE ECU-CB-13 (A, 17).

Prof. Dr. A. Guillermo Ranea (Buenos Aires):

Leibniz, Descartes und andere Gelehrte des 17. Jahrhunderts in der Vorgeschichte von J. B. Menckes "Charlataneria eruditorum".

Die Vortragsveranstaltung findet online am Mittwoch, dem 17. November 2021, ab 16.00 Uhr, statt. Nähere Informationen und die Zugangsdaten erhalten Sie nach Anmeldung einen Tag vor der Veranstaltung. Um Ihre Anmeldung wird gebeten per E-Mail an: info(at)leibnizgesellschaft.de

 

Referent

Prof. Dr. Alberto Guillermo Ranea (geb. 1950, La Plata, Argentinien), promovierte 1982 an der Universidad Nacional de La Plata in Philosophie. Er war 1985 Alexander-von-Humboldt Stipendiat an der Leibniz-Forschungsstelle in Münster und 1991 John Simon Guggenheim Fellow für History and Philosophy of Science an der University of Indiana, USA. 2003 erhielt er den British Academy Professorship Award (The Birkbeck College, University of London, UK, und The Royal Society of London Archive). Zurzeit ist er Fulltime Professor für Philosophie und Geschichte der Wissenschaften und Technik an der Universidad Torcuato Di Tella (Buenos Aires). Von ihm stammen zahlreiche Veröffentlichungen über G. W. Leibniz, Galileo Galilei, René Descartes, Denis Papin, sowie über Ernst Cassirer, J. Ortega y Gasset, Paul Feyerabend, wie auch über die Auswirkung der neuen Technologien auf Kultur, Architektur und Gesellschaft.

 

Zum Vortrag

Obwohl sich das Wort „Charlatan“ nicht häufig in Leibniz’ Briefwechsel oder in seinen Schriften findet, weisen die seltenen Gelegenheiten, bei denen Leibniz dieses Wort verwendet, darauf hin, dass es in den vorhandenen Fällen auch über seine ursprünglich medizinische Bedeutung hinaus gebraucht wurde. Als Beispiel finden wir auf einem von Louis-François Foucher de Careil 1857 veröffentlichten kleinen Zettel, dass Leibniz den cartesischen hyperbolischen Zweifel mit der Strategie eines Scharlatans verglich. Aber auch in Briefen und Schriften von René Descartes entdecken wir, dass dieser den Begriff „Charlatan“ ebenfalls dann abwertend benutzt hat, wenn er sich mit anderen Korrespondenten über Kollegen, wie zum Beispiel Galilei, schrieb. Dies lässt sich ebenso auf andere Fälle übertragen, wenn wir weitere Gelehrte der Zeit, wie zum Beispiel Baltasar Gracián und Meric Casaubon, betrachten. Im Zusammenhang mit dem Gebrauch dieses Wortes möchte ich bei dieser Gelegenheit zwei Themen diskutieren. Was können wir lernen, wenn wir die Benutzung des Begriffes „Charlatan“ als ein wichtiges Zeichen der gelehrten Kultur des 17. Jahrhunderts, und nicht als eine bloße Ausdrucksweise, berücksichtigen? Zweitens, welche Beziehung gibt es zwischen der ursprünglich medizinischen Bedeutung des Wortes und derjenigen, wie sie die genannten Gelehrten des 17. Jahrhunderts verwenden?

Vortragsveranstaltung vom 16. September 2021

In Kooperation mit der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek und der Neustädter Hof- und Stadtkirche St. Johannis

Bild: „Die Seele des Menschen“, in: Johann Amos Comenius: Orbis Sensualium Pictus, Nürnberg 1658, S. 88.

Dr. Anne-Katrin Henkel (Hannover): Grußwort

Prof. Dr. Wenchao Li (Potsdam): Erinnerungen an Wilhelm Totok

Prof. Dr. Arnaud Pelletier (Brüssel): „Meine Philosophie ist wohl sehr populär“. Selbsterfahrung und Monade bei Leibniz

DONNERSTAG, DEN 16. SEPTEMBER 2021, 16.00 Uhr.

Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, Waterloostr. 8, 30169 Hannover.

Eintritt frei (begrenzte Teilnehmerzahl). Teilnahme auch über Onlinezuschaltung möglich. Um Ihre Anmeldung (bitte unter Angabe, ob Teilnahme in Präsenz oder online) wird gebeten: per E-Mail an: kultur@gwlb.de oder telefonisch unter 0511 1267-303.
Bei Anmeldung für eine Onlinezuschaltung erhalten Sie die Zugangsdaten ca. 2 Tage vor der Veranstaltung.

Bei Veranstaltungen in den Räumen der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek gilt (ab entsprechender Inzidenz bzw. Warnstufe) die 3G-Regel (geimpft – genesen – getestet). Bitte halten Sie deswegen ggf. die entsprechenden Nachweise bereit. Zudem ist das Tragen eines Mund-Nasenschutzes verpflichtend. Weitere Hinweise zu den Corona-Bestimmungen finden Sie unter: http://www.gwlb.de/aktuelles/corona/faq/ 

Wilhelm Totok (1921-2017)

Wilhelm Totok, von 1962 bis 1986 Leitender Direktor der Niedersächsischen Landesbibliothek in Hannover (heute Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek – Niedersächsische Landesbibliothek), war maßgeblich am Aufbau der Leibniz-Institutionen in Hannover beteiligt: Die Einrichtung der hannoverschen Leibniz-Editionsstelle (Leibniz-Archiv), der 1. Leibniz-Kongress, die Gründung der internationalen Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Gesellschaft mit ihrer Zeitschrift Studia Leibnitiana, die Einrichtung der Leibniz-Forschungsbibliothek in Hannover und der Leibniz-Bibliographie sind aufs Engste mit seinem Namen verbunden wie auch der Bibliotheksneubau in der Waterloostraße. Am 12. September wäre Wilhelm Totok 100 Jahre alt geworden. Aus diesem Anlass soll im Rahmen einer Vortragsveranstaltung an sein Wirken erinnert werden.

Referenten

Wenchao Li, Vizepräsident der Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Gesellschaft, ist Leiter der Leibniz-Editionsstelle Potsdam der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Professor für Philosophie an der Freien Universität Berlin, Mitglied im Leitungskomitee der Fédération Internationale des Societés de Philosophie (FISP). Von 2010 bis 2017 hatte er die Leibniz-Stiftungsprofessur der Leibniz Universität Hannover inne.

Arnaud Pelletier ist Leiter des Forschungszentrums für Philosophie an der Université libre de Bruxelles, wo er seit 2013 neuzeitliche Philosophie lehrt. Er hat 2009 an der Pariser Sorbonne über Leibniz promoviert und u.a. Aufsätze zur deutschen Philosophie von Leibniz bis Kant veröffentlicht. Von ihm sind bereits mehrere Werke von Kant ins Französische übersetzt worden. Er ist außerdem Herausgeber mehrerer Sammelbände, darunter: Leibniz and the Aspects of Reality (2015), Leibniz’s Experimental Philosophy (2016), Christian Wolff’s German Logic (2017).

Zum Vortrag

Leibniz’ Philosophie ist nicht als besonders populär bekannt. Zu seinen Lebzeiten wurde er von vielen Lesern dafür kritisiert, dass er abstrakte philosophische Hypothesen aufstelle, die gar nichts erklären könnten. In diesem Zusammenhang stellte Leibniz oft eine Analogie zwischen der persönlichen Erfahrung des Selbst und dem Begriff der Monade dar. Doch bei genauerem Hinschauen gibt es mehr als eine bloße Analogie: Ohne diese selbstreflektierende Erfahrung wären viele metaphysische Begriffe für Leibniz einfach bedeutungslos. Dieser Vortrag soll die Elemente dieses Weges zur Monade darstellen. Wenn man diesem Weg folgt, erscheint die Philosophie von Leibniz keineswegs abstrakt, sondern populär, zumindest in dem Sinne, dass sie in der Erfahrung des eigenen Körpers verwurzelt ist.

Virtuelle Vortragsveranstaltung vom 1. Juli 2021

Links: Gottfried Wilhelm Leibniz, von Christoph Bernhard Francke, um 1700; Herzog Anton Ulrich-Museum, Braunschweig. Rechts: John Locke, von Michael Dahl, um 1693, National Portrait Gallery, London.

Prof. Dr. Ursula Goldenbaum (Atlanta/Berlin):

Leibniz contra Locke über die natürliche Gleichheit der Menschen.

Die Vortragsveranstaltung findet online am Donnerstag, dem 1. Juli 2021, 16.00 Uhr, statt. Nähere Informationen und die Zugangsdaten erhalten Sie nach Anmeldung ca. 2 Tage vor der Veranstaltung. Um Ihre Anmeldung wird gebeten per E-Mail an: info(at)leibnizgesellschaft.de

The lecture will take place online on Thursday, July 1, 2021, 4 p.m. (CET). After registration you will receive the access data with further information approx. 2 days before the event. Please, send us your registration by e-mail to: info(at)leibnizgesellschaft.de

 

Referentin

Ursula Goldenbaum, seit 2019 Professor emerita der Emory University, Atlanta (USA); von 2004-2019 Associate, dann Full Professor an der Emory University; frühere Präsidentin der Leibniz Society of North America; Mitglied des Beirats des Journal of the History of Ideas und früheres Member of the Institute of Advanced Study in Princeton; Autorin eines umfangreichen Werkes zur öffentlichen Debatte in der deutschen Aufklärung; zahlreiche Publikationen zum philosophischen Rationalismus, insbesondere zu Leibniz, Spinoza, und Hobbes, sowie zu Mendelssohn, Lessing, und Kant; mit Douglas Jesseph Ko-Herausgeberin von Infinitesimal Differences (zur Kontroverse über die Realität unendlich kleiner Größen) und mit Christopher Kluz von Doing without Free Will; Herausgeberin von Texten bzw. Übersetzungen von Leibniz, Rousseau, und der Wertheimer Bibel.

 

Zum Vortrag

Die gegenwärtigen intensiven Diskussionen über Rassismus, Postkolonialismus, Diversität, die ihren Ursprung in den USA nahmen, sind längst auch in Deutschland angekommen und werden nicht nur in den Medien, sondern in allen Geisteswissenschaften geführt. Gerade erschien ein vielbesprochenes umfassendes Buch von Iris Därmann zum Thema, in denen Hobbes, Locke und Kant als Rassisten entlarvt werden (vgl. Iris Därmann: Undienlichkeit. Gewaltgeschichte und politische Philosophie, 2020). Aber schon 2005 publizierte Andrew Valls einen Band unter dem Titel Race and Racism in Early Modern Philosophy mit Beiträgen über die Auffassungen von Philosophen zum Rassismus, von Descartes bis hin zu Nietzsche, darunter auch zu Leibniz und Locke. Leider sind fast alle diese Arbeiten nicht von Philosophen verfasst, sondern vor allem von Literatur- oder Kulturwissenschaftlern. Es wird Zeit, dass sich die Philosophiegeschichte selbst dieses wichtigen Themas annimmt, damit im groben Raster pro oder contra "white supremacy" nicht alle Katzen grau erscheinen, sondern philosophische Auffassungen begrifflich analysiert und adäquat bewertet werden können.

Im Folgenden möchte ich eine solche Untersuchung von Leibniz und Locke unternehmen. Dabei interessiert mich nicht nur, welche rechtsphilosophischen Positionen sie entwickelten, insbesondere zum Begriff der Rasse bzw. zur natürlichen Ungleichheit oder Gleichheit der Menschen. Es geht mir auch darum, wie diese Positionen in ihrer Erkenntnistheorie und Metaphysik begründet waren. Schließlich sollen ihre Positionen im genauen Kontext der Debatten und der historischen Bedingungen ihrer Zeit betrachtet werden. Es wird sich zeigen, dass die These von Noam Chomsky aus dem Jahr 1966, wonach der Rationalismus sich grundsätzlich dem Rassismus verweigert, während der Empirismus offen ist für rassistische Auffassungen, sich mindestens in der hier betrachteten Kontroverse zwischen Leibniz und Locke bewahrheitet (vgl. Noam Chomsky: Reflections on Language, 1966, S. 77-78 u. S. 130).

 

Virtuelle Vortragsveranstaltung vom 6. Mai 2021 (in Verbindung mit der Erhard-Weigel-Gesellschaft e.V.)

Erhard Weigel, Portrait von 1655. Öl auf Leinwand: Christian Richter.

Dr. Thomas Behme (Berlin):

Erhard Weigels Gottesbeweis und dessen Kritik durch Leibniz.

Die Vortragsveranstaltung findet online am Donnerstag, dem 6. Mai 2021, 16.00 Uhr, statt. Nähere Informationen und die Zugangsdaten erhalten Sie nach Anmeldung ca. 2 Tage vor der Veranstaltung. Um Ihre Anmeldung wird gebeten per E-Mail an: info(at)leibnizgesellschaft.de

The lecture will take place online on Thursday, May 6, 2021, 4 p.m. (CET). After registration you will receive the access data with further information approx. 2 days before the event. Please, send us your registration by e-mail to: info(at)leibnizgesellschaft.de

 

Referent

Thomas Behme studierte Geschichte und Philosophie in Göttingen. Er promovierte 1992 in Mittlerer und Neuerer Geschichte mit einer Arbeit über Samuel von Pufendorf: Naturrecht und Staat. Seit 1997 ist er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Philosophie der Freien Universität Berlin tätig und erstellt eine kritische Ausgabe der Schriften von Erhard Weigel (bisher 6 Bände, erschienen bei Frommann-Holzboog in der Reihe Clavis Pansophiae). Er ist Mitbegründer und stellvertretender Vorsitzender der Erhard-Weigel-Gesellschaft.

 

Zum Vortrag

Der in Jena lehrende Mathematiker Erhard Weigel (1625‒1699) hat im Rahmen seiner Bemühungen um eine mathematikorientierte Universalwissenschaft und methodisch exakte natürliche Theologie auch einen sogenannten mathematischen Gottesbeweis (Demonstratio Mathematica, quavis Euclidea fortior, esse Deum Mundi Conditorem & Rectorem) entwickelt. Mit diesem sollte die Existenz Gottes und seiner Vorsehung "unwiderlegbar" und "mit dem höchsten Grad an Gewißheit" bewiesen werden. Leibniz, der selbst an der Spitze der apologetischen Front gegen den zeitgenössischen Atheismus stand, hatte bekanntlich bei Weigel in Jena studiert und teilte mit ihm sowohl das Anliegen einer mathematikorientierten "Scientia generalis" als auch die Zielsetzung eines methodisch gesicherten Gottesbeweises. Er war bereits mit den frühesten Entwürfen dieses Beweises in Weigels Schriften der 1670er Jahre vertraut und hat in seinen Publikationen immer wieder Anläufe zur Auseinandersetzung damit unternommen, wobei fast jede der einschlägigen Publikationen Weigels zum Gottesbeweis eine darauf bezogene Stellungnahme von Leibniz ausgelöst hat. Da sich diese Auseinandersetzung über einen Zeitraum von fast 20 Jahren erstreckte, dokumentiert allein dies bei aller Kritik ein nicht nachlassendes Interesse von Leibniz am Entwurf seines Lehrers. Der Vortrag stellt den Gedankengang des Gottesbeweises gestützt auf Weigels Schriften De Corpore Divini Numinis Charactere Demonstrativo, der Theodixis Pythagorica, dem Wienerischen Tugend-Spiegel, der Philosophia Mathematica Theologia Naturalis Solida sowie die zentralen Gedanken von Leibnizens teils zustimmender, teils kritischer Würdigung dar.

 

Vortragsveranstaltung vom 27. Februar 2020 (in Verbindung mit der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek)

Luise Adelgunde Victorie Gottsched, geb. Kulmus (links); Ernst Christoph Graf von Manteuffel (rechts)

 

Dr. Rüdiger Otto (Leipzig):

Reichsgraf und Ausnahmefrau im 18. Jahrhundert. Das Briefgespräch zwischen Luise Adelgunde Victorie Gottsched und Ernst Christoph von Manteuffel.

Donnerstag, den 27. Februar 2020, 17.00 Uhr.

Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, Waterloostr. 8, 30169 Hannover.

Eintritt frei.

 

Referent

Rüdiger Otto, geboren 1956, studierte 1976-1981 Theologie in Leipzig. 1992 Promotion zum Thema Spinozarezeption in Deutschland im 18. Jahrhundert, 1989-2000 Mitarbeiter an der Leibniz-Edition der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften in Berlin bzw. Potsdam (Politische Schriften), seit 2000 Mitarbeiter an der Edition des Briefwechsels von Johann Christoph Gottsched der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, seit 2015 deren Leiter. Veröffentlichungen zu Leibniz, Gottsched, zur Theologie- und Philosophiegeschichte, zur Publizistik und zur Kirchengeschichte Leipzigs im 18. Jahrhundert.

 

Zum Vortrag

Ernst Christoph von Manteuffel (1676-1749), hochrangiger Diplomat und kursächsischer Staatsmann, widmete sich nach seinem nicht ganz freiwilligen Rückzug aus der Gefahrenzone des Hoflebens verstärkt seinen philosophischen Liebhabereien und wurde zum Apostel des Wolffianismus. Auch die Begegnung mit Luise Adelgunde Victorie Gottsched (1713-1762) stand zunächst im Zeichen der Auseinandersetzung um die Philosophie Christian Wolffs (1679-1754). Beeindruckt von der intellektuellen Schärfe der jungen Leipziger Professorengattin beauftragte er sie mit der Fabrikation satirischer Schriften gegen die orthodoxen Gegner Wolffs. Die Resultate begeisterten Manteuffel, der seine im diplomatischen Dienst erworbene konspirative Phantasie spielen ließ, um die Autorschaft der von Zensur und obrigkeitlichen Unannehmlichkeiten bedrohten Verfasserin unkenntlich zu machen. Das Themenspektrum Manteuffel-Gottsched des Briefwechsel weitete sich nachgerade aus, mit ihren klugen, sachbezogenen und mitunter ironischen Schreiben zeigte sich Frau Gottsched dem routinierten Epistolographen Manteuffel gewachsen, so dass er sie im galanten Überschwang gelegentlich "la crême et la fleur de tous mes correspondens" bezeichnete.

 

Veranstaltung der Juristischen Studiengesellschaft Hannover (in Zusammenarbeit mit der Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Gesellschaft

DONNERSTAG, DEN 27. FEBRUAR 2020, 18.30 Uhr.

Gerrit Hamann:

„Der Fall Max Merten – über den bundesdeutschen Umgang mit einem NS-Kriegsverbrecher“.

Landgericht Hannover, Volgersweg 65, Hannover.

Weitere Informationen: hier

 

Jahresvortrag der Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Gesellschaft vom 22. November 2019

Prof. Dr. Friedrich-Wilhelm Wellmer (Hannover):

Was sagt die Geologie heute zur Sintflut?

Freitag, den 22. November 2019, 17.00 Uhr.

Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, Waterloostr. 8, 30169 Hannover.

Eintritt frei.

 

Referent

Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c. mult. Friedrich-Wilhelm Wellmer studierte Geologie sowie Bergbau an den Technischen Universitäten Berlin und Clausthal (Promotion 1970 an der TU Clausthal). Er war von 1995 bis 2005 Präsident der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) sowie des Niedersächsischen Landesamtes für Bodenforschung (heute Teil des Landesamtes für Bergbau, Energie und Geologie), von 2014 bis 2017 Präsident der Akademie für Geowissenschaften und Geotechnologien. Seit 1991 ist er Honorarprofessor an der TU Berlin, daneben ist er Inhaber von Ehrendoktorwürden der Bergakademie Freiberg und der TU Clausthal. Seit der Pensionierung 2005 Beschäftigung mit Leibniz, u.a. gab er 2014 Leibniz' Protogaea neu heraus. Er war lange Jahre Mitglied des Vorstandes der G.-W.-Leibniz-Gesellschaft und ist Initiator des Erkenntnisweges "Gottfried Wilhelm Leibniz" des Weltkulturerbes Oberharzer Wasserwirtschaft.

 

Zum Vortrag

Die Einsicht, dass marine Fossilien an Land oder gar in Gebirgen nicht Launen der Natur seien, sondern Überreste von Meerestieren, und erste Vorstellungen über Gebirgsbildungen vom 17. bis 19. Jahrhundert machten die Annahme einer Sintflut entbehrlich. Die Kenntnis von Eiszeiten mit großregionalen Vereisungen widerlegte im 19. Jahrhundert die modernere Sintfluttheorie, die Diluvialtheorie, die zur Erklärung erratischer Blöcke (Findlinge) z.B. in Schottland gedient hatte. Das geologische Weltbild änderte sich völlig mit Wegeners Kontinentaldriftheorie. Forschungsarbeiten mit einem Bohrschiff im internationalen Deep Sea Drilling Program und Ocean Drilling Program seit Ende der sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts führten zu der Erkenntnis, dass das heutige Mittelmeer zeitweise abgeschnitten war, trocken fiel und über den Durchbruch der Straße von Gibraltar vor 5,3 Mio. Jahren wieder geflutet wurde. Diese Erkenntnisse schufen die Basis für weitere Forschungen über die "Sintflut", die nach jetzigem Kenntnisstand in historischer Zeit vor 7600 Jahren im Gebiet des heutigen Schwarzen Meeres mit Durchbruch der Dardanellen gesehen wird. Trotz vieler Indizien ist es bislang immer noch eine Hypothese, denn Reste von Besiedlungsspuren sind bei Bohrungen im tiefen Teil des Schwarzen Meeres selbst noch nicht gefunden worden. Nicht überraschend gibt es in der Wissenschaft auch Argumente gegen diese Hypothese, auf die ebenfalls kurz eingegangen wird.

 

Fisch aus dem Kupferschiefer am Harzrand (288 Mio. Jahre alt). Quelle: Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, Hannover.
Während seiner Aufenthalte im Harz brachte man Leibniz Fossilien aus dem Kupferschiefer, die er als Fische erkannte und nicht mehr als Launen der Natur (Lusus naturae) ansah. Leibniz berichtete 1706 hierüber Fontenelle, dem Sekretär der Pariser Académie des Sciences. Fontenelle verlas den Brief in einer Sitzung der Akademie. Kupferstich, Nicolaus Seeländer, GWLB Hannover, cup_4052.

Vortragsveranstaltung vom 29. Oktober 2019 (in Verbindung mit der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek)

Gräfin Johanna Sophie zu Schaumburg-Lippe, etwa 1700, Bild von Hans Hinrich Rundt, Weserrenaissance-Museum Schloss Brake

Vortragsreihe – Fürstinnen und ihre Netzwerke in der Frühen Neuzeit

Petra Widmer (Hagen):

"Mir thut jedermann viel Gutes" – Johanna Sophie zu Schaumburg-Lippe und ihr Netzwerk.

Dienstag, den 29. Oktober 2019, 17.00 Uhr.

Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, Waterloostr. 8, 30169 Hannover.

Eintritt frei.

 

Referentin

Petra Widmer studierte Geschichte sowie Landschafts- und Freiraumplanung in Hagen bzw. Hannover. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Hannover und bei der Stiftung Fürst-Pückler-Park in Bad Muskau, arbeitete als Buchhändlerin sowie in der freien Wirtschaft. Seit 2019 ist sie an der FernUniversität in Hagen tätig. Gräfin Johanna Sophie zu Schaumburg-Lippe steht im Zentrum ihres Dissertationsprojektes, an deren Beispiel sie Netzwerkpflege, Kommunikation und Selbstdarstellung des Hochadels in der Frühen Neuzeit untersucht.

 

Zum Vortrag

Gräfin Johanna Sophie zu Schaumburg-Lippe, aus dem Haus der Reichsgrafen von Hohenlohe-Langenburg, wurde 1673 geboren. Im Jahr 1691 heiratete sie Graf Friedrich Christian zu Schaumburg-Lippe, seit 1681 Regent dieser Grafschaft. Zunächst verlief ihr Leben in geordneten Bahnen, doch im Jahr 1702 verließ Johanna Sophie ihren Ehemann und entzog ihm dauerhaft die beiden gemeinsamen Söhne. Beides hatte einen jahrelangen Rechtsstreit zur Folge. In dieser schwierigen Situation war sie besonders auf ein Netzwerk aus Familienangehörigen und anderen Verbündeten angewiesen. Unterstützung und Schutz fand sie insbesondere am kurfürstlichen Hof von Hannover, wo sie ab 1712 als Oberhofmeisterin der Kurprinzessin Wilhelmine Caroline (von Brandenburg-Ansbach) lebte und mit dem sie 1714 infolge des Regierungsantritts Kurfürst Georg Ludwigs als britischer König (George I.) nach London übersiedelte. Erst 1728, nach dem Tod ihres Ehemannes, kehrte sie nach Schaumburg zurück, wo sie 1743 verstarb. Der Vortrag gibt Einblicke in das bewegte Leben Johanna Sophies und beleuchtet ihr soziales Umfeld.

Vortragsveranstaltung vom 26. September 2019 (in Verbindung mit der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek)

(Kurfürstin Sophie von Hannover, Gemälde von 1706, Jan Frans van Douven, Bayerische Staatsgemäldesammlungen - Alte Pinakothek München.)

Vortragsreihe – Fürstinnen und ihre Netzwerke in der Frühen Neuzeit

Prof. Dr. Margherita Palumbo (Rom):

Die Bibliothek der Kurfürstin Sophie. Dynastisches Selbstbewusstsein und curiosité.

Donnerstag, den 26. September 2019, 17.00 Uhr.

Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, Waterloostr. 8, 30169 Hannover.

Eintritt frei.

 

Referentin

Prof. Dr. Margherita Palumbo studierte Philosophie an der Universität La Sapienza in Rom, Bibliothekswissenschaft an der Vatikanischen Bibliotheksschule sowie Archivwissenschaft an der Vatikanischen Schule für Paläographie, Diplomatik und Archivwesen. Sie promovierte 1981 in Philosophie und habilitierte sich 2013 in Buch- und Archivwissenschaft. Von 1983 bis 2015 war sie Bibliothekarin an der Biblioteca Casanatense in Rom. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Bibliotheks- und Buchgeschichte, Buchzensur, Heterodoxie in Italien, Fürstenkonversionen in der Frühen Neuzeit, Gottfried Wilhelm Leibniz sowie Korrespondenz- und intellektuelle Netzwerke. Innerhalb dieses Rahmens organisierte sie einen Workshop zum Thema "Leibniz, Jablonski und Berlin" (Rom, Deutsches Historisches Institut, 27.02.2017) und "Subnetworks in Leibniz's Correspondence and Intellectual Network" (Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, 15.17.3.2017). Sie ist Mitglied des Wissenschaftlichen Beirates der G.-W.-Leibniz-Gesellschaft und Mitglied der Renaissance Society of America sowie Mitbegründerin und Vorstandsmitglied der Sodalitas Leibnitiana.

 

Zum Vortrag

Sophie von der Pfalz (1630-1714), Kurfürstin von Hannover, ist eine lebhafte Leserin gewesen, wie ihr umfangreicher Briefwechsel und ihre Memoires zeigen. Sie las und besaß nicht nur - wie bei einer Dame ihres Standes zu erwarten - galante Literatur, Theaterstücke, Reisebeschreibungen und Gedichte, sondern auch politische Berichte, historische Darstellungen und philosophische Werke. Sie sammelte ca. 1.100 Bücher, die nach ihrem Tode teilweise der Königlichen Bibliothek zu Hannover einverleibt wurden. Das im Niedersächsischen Landesarchiv zu Hannover aufbewahrte Inventar erlaubt detaillierte Kenntnis von Sophies Bibliothek, während ihre Korrespondenz ebenso wie Bestände der GWLB den langen Weg dazu spiegeln, der uns über Desiderata und Erwerbungen, Geschenke und Widmungen, schöne Einbände und prächtige Exemplare, Urteile über hochberühmte Verfasser sowie bloße Schmeichler auf der Suche nach ihrer Patronage führt, wobei natürlich auch die Lektüreempfehlungen nicht zu vergessen sind, die sie ständig von Gottfried Wilhelm Leibniz erhielt, um ihre beachtliche curiosité zu befriedigen. Sophies Sammlung gibt aber nicht nur das Bild einer hochgebildeten Frau wieder, die mit Leibniz über 400 Briefe über mannigfaltige Themen gewechselt hat, sondern auch das einer Fürstin, die - als Tochter von Friedrich V. von der Pfalz und Elisabeth Stuart - sich ihrer hochadligen Herkunft und dynastischen Ansprüche sehr bewusst war, wie die zahlreichen Werke zur pfälzischen Geschichte sowie die beträchtliche Abteilung der englischen Bücher deutlich zeigen.

 

Vortragsveranstaltung vom 5. September 2019

Prof. Dr. Kiyoshi Sakai (Tokyo):

Leibniz’ politische Philosophie.

Donnerstag, den 5. September 2019, 17.00 Uhr.

Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, Waterloostr. 8, 30169 Hannover.

Eintritt frei.

 

Referent

Kiyoshi Sakai, geboren 1950 in Kyoto, studierte 1978-1981 Philosophie und Philosophiegeschichte an der staatlichen Universität Kyoto und in Freiburg i. Br.; 1982 erfolgte die Promotion in Kyoto. 1985-1995 war er Associate Professor am Lehrstuhl für Philosophiegeschichte der staatlichen Universität Okayama. Seit 1995 ist er Professor am Philosophischen Institut der Gakushuin Universität Tokyo sowie Präsident der Societas Leibnitiana Japonica seit deren Gründung 2009.

Veröffentlichungen u. a.: Sekai to jiga (Welt und Ich. Reflexionen über die Metaphysik Leibniz'), Tokyo 1987; "Zum Wandel der Leibniz-Rezeption im Denken Heideggers", in: Heidegger Studies, vol. 9 (1993), S. 97-124; "Der Subjektbegriff in Ost und West. Eine Reflexion im Ausgang von Leibniz", in: Studia Leibnitiana Sonderheft 22, Stuttgart 1994, S. 63-82; "Leibnizens Chinologie und das Prinzip der 'analogia'", in: Studia Leibnitiana Supplementa XXXIII, Stuttgart 2000, S. 258-274; Phänomenologie und Leibniz (hrsg. mit R. Cristin), Freiburg - München 2000; "Die Fensterlosigkeit der Monade. Ein Aspekt der Frage nach dem Anderen", in: Die erscheinende Welt. Festschrift für Klaus Held (hrsg. von H. Hüni und P. Trawny), Berlin 2002, S. 291-310; "Gottfried Wilhelm Leibniz und Kitaro Nishida. Die Frage nach dem wahren Selbst", in: Studia Leibnitiana XL/1 (2008), S. 92-113; "Sozialpolitische Leitbilder. Leibniz' Grundsätze einer gerechten Sozialpolitik", in: Studia Leibnitiana XL/2 (2008), S.153-167; "Die japanische Leibnizforschung in der Zeit des expansiven Ultranationalismus", in: Studia Leibnitiana Sonderheft 42, Stuttgart 2013, S. 285-302; "'Passive Synthesis' und 'vis passiva'. Versuch einer neuen Annäherung an die Husserl-Leibniz-Problematik", in: Studia Leibnitiana Supplementa XXXIX, Stuttgart 2017, S. 109-127; "Das Thomistische Paradigma von 'res-Ratio-nomen' bei Leibniz", in: Studia Leibnitiana Supplementa XL, Stuttgart 2017, S. 19-33.

Mitbearbeiter von Bd. 8 (Tokyo, 1990) der japanischen Leibniz-Ausgabe: G. W. Leibniz: Opera omnia, 10 Bde., Tokyo: Kousakusha, 1988-1999 (ライプニッツ 著作集 (Raipunittsu chosakushū)). Mitherausgeber der Fortsetzung der japanischen Leibniz-Ausgabe (ライプニッツ 著作集. 第II期 (Raipunittsu chosakushū. 2), 3 Bde., Tokyo: Kousakusha, 2015-2018).

 

Zum Vortrag

Gibt es bei Leibniz eine politische Philosophie? Wenn man das sogleich verneinte, mit der Begründung, er habe auf diesem Gebiet keine Hauptwerke hinterlassen, die etwa Hobbes' "De cive" oder Spinozas "Tractatus Theologico-politicus" entsprächen, wäre man wohl allzu kurzschlüssig. Sowohl Onno Klopps Ausgabe des 19. Jhs. als auch Reihe I und IV der Akademieausgabe in der Gegenwart bezeugen, dass auch bei Leibniz ein Reichtum an Gedanken über die Politik, nicht weniger als bei Hobbes oder Spinoza, zu finden ist. Welche Charakteristika hat also Leibniz' politische Philosophie? Wie verhält sie sich zu seiner Metaphysik? Im Vergleich zu Hobbes oder Spinoza, bei denen das Verhältnis der politischen Philosophie zur Metaphysik jeweils nicht unbedingt klar ist, beziehen sich die betreffenden Thesen bei Leibniz, wie z. B. die Selbstbestimmung des Individuums oder die Gerechtigkeit als "caritas sapientis" qua "benevolentia universalis", eng und explizit auf seine monadologischen Ansätze. Im folgenden Vortrag möchte ich erstens die Grundposition von Leibniz' politischer Philosophie hinsichtlich ihrer Verbindung mit seiner "Monadologie" (bzw. z. T. der "Theodicée") klarstellen, zweitens dadurch zeigen, dass in seiner politischen Philosophie eine als nicht unwichtig zu beurteilende Alternative zu der von Hobbes, Spinoza oder Locke festzustellen ist. Und schließlich sei drittens gefragt, ob angesichts der Krisen unserer heutigen globalisierten Welt Leibniz' politische Philosophie, entgegen vieler skeptischer Ansichten über ihre Aktualität, doch eine Möglichkeit der Lösung implizieren könnte, und wenn ja, inwieweit.

 

 

Vortragsveranstaltung vom 29. August 2019 (in Verbindung mit der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek)

(Kurfürst Friedrich V. von der Pfalz (1596-1632) als König von Böhmen, Gemälde von 1634, Gerard von Honthorst, Kurpfälzisches Museum Heidelberg.)

Vortragsreihe – Fürstinnen und ihre Netzwerke in der Frühen Neuzeit

Dr. Sylvaine Hänsel (Münster):

Porträt und Propaganda – Die Familie des Winterkönigs im niederländischen Exil.

Donnerstag, den 29. August 2019, 17.00 Uhr.

Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, Waterloostr. 8, 30169 Hannover.

Eintritt frei.

 

Referentin

Dr. Sylvaine Hänsel studierte 1976-1984 Kunstgeschichte, Geschichte und Hispanistik in Berlin und Hamburg. 1987 promovierte sie bei Martin Warnke zum Thema: Der spanische Humanist Benito Arias Montano (1527-1598) und die Kunst. 1987-1989 war sie Volontärin am Herzog Anton Ulrich-Museum in Braunschweig, 1989-1995 Wissenschaftliche Assistentin an der Technischen Universität Berlin, 1997-2001 Lehrbeauftragte an der Universität Potsdam und 1999-2014 am Institut für Geschichte und Kunstgeschichte an der Technischen Universität Berlin. Seit 2008 ist sie Lehrbeauftragte an der Fachhochschule für Architektur in Münster (Münster School of Architecture) sowie seit 2014 an der Fachhochschule für Design in Münster (Münster School of Design). Seit 2006 ist sie zudem hauptverantwortliche Redakteurin der "Mitteilungen der Carl Justi-Vereinigung zur Förderung der kunstwissenschaftlichen Zusammenarbeit mit Spanien und Portugal". Ihre Forschungsschwerpunkte sind Porträtmalerei, spanische und niederländische Kunst der Neuzeit und Moderne sowie Architekturgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts.

 

Zum Vortrag

Geradezu beispielhaft nutzten Friedrich V. von der Pfalz und seine Gemahlin Elisabeth Stuart, die mit ihren Kindern nach der Vertreibung vom böhmischen Thron ab 1621 im niederländischen Exil lebten, das Medium Porträt, um die Ansprüche auf die verlorene Königswürde und die Restituierung des Kurfürstentums Pfalz zu demonstrieren. Dienten die teils großformatigen Gemälde zur Ausstattung seiner Residenzen oder als repräsentative Geschenke, sollten die zahlreichen Stiche die Mobilisierung einer breiteren Öffentlichkeit bewirken. Im Vortrag soll diese "Imagekampagne" Friedrichs vorgestellt werden, die, obwohl die politischen Ziele zunächst nicht erreicht wurden, doch eine bleibende Präsenz des Winterkönigs und seiner Familie im allgemeinen Bewusstsein garantierte und auch auf die Selbstdarstellung der niederländischen Statthalter großen Einfluss hatte. Noch die Welfen knüpften an die "Imagekampagne" des Winterkönigs an, um eigene Interessen, nämlich die Erhebung in den Kurfürstenstand, durchzusetzen. So wählte Ernst August, verheiratet mit Sophie, der jüngsten Tochter Friedrichs V., für die Gestaltung des Rittersaales im repräsentativ ausgebauten Hannoveraner Leineschloss Honthorsts monumentalen allegorischen Triumphzug der Winterkönigsfamilie als Deckenbild aus und ließ es von Jacques Vaillant durch ein Pendant mit dem Triumphzug seiner eigen Familie ergänzen.

 

 

Vortragsveranstaltung vom 25. Juli 2019 (in Verbindung mit der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek)

Herzog Erich zu Braunschweig-Calenberg mit seiner zweiten Frau Elisabeth von Brandenburg, Gemälde, ca. 1530, Schwedisches Nationalmuseum.

Vortragsreihe – Fürstinnen und ihre Netzwerke in der Frühen Neuzeit

Dr. Jill Bepler (Wolfenbüttel):

Verlorene Bibliotheken, vergessene Leserinnen: Welfische Fürstinnen des 16. und 17. Jahrhunderts und ihr Buchbesitz.

Donnerstag, den 25. Juli 2019, 17.00 Uhr.

Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, Waterloostr. 8, 30169 Hannover.

Eintritt frei.

 

Referentin

Dr. Jill Bepler war bis Juni 2018 Leiterin der Abteilung Stipendien, Veranstaltungen und Nachwuchs-förderung an der Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel. Von 2013-2016 war sie Principal Investigator im EU-geförderten Projekt "Marrying Cultures: Queens Consort and European Identities 1500-1800", aus dem mehrere Publikationen hervorgegangen sind. 2018 erschien der von ihr und Svante Norrhem herausgegebene Band "Telling Objects. Contextualizing the Role of the Consort in Early Modern Europe". Sie ist zurzeit an frühneuzeitlichen Forschungsprojekten in Kopenhagen und Stockholm zu Konzepten der Privatheit bzw. zur Bibliotheksgeschichte beteiligt. Ihre Publikationen befassen sich mit Hofkultur und der Rolle der Fürstin am Hof, Reisen und Sammeln im 17. Jahrhundert und höfischer Funeralpublizistik.

 

Zum Vortrag

Der Vortrag fragt nach dem bislang unbeachteten Buchbesitz von Frauen aus dem Welfenhaus in der Zeitspanne zwischen den bekannten büchersammelnden Fürstinnen Elisabeth von Calenberg (1510-1558) und Kurfürstin Sophie (1630-1714). Unter anderem werden Quellen zur Nutzung und zum Verbleib von Büchern, die den Töchtern von Herzog Wilhelm dem Jüngeren von Braunschweig-Lüneburg gehört haben, vorgestellt. In diesem Zusammenhang sollen die Gründe für das prekäre Schicksal weiblicher Bibliotheken diskutiert werden.

 

Vortragsveranstaltung vom 1. Juli 2019 (in Kooperation mit der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek und der Leibniz Universität Hannover)

LEIBNIZ’ 373. GEBURTSTAG

Die diesjährige Wiederkehr von Leibniz' Geburtstag begehen die Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Gesellschaft und die Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek in Kooperation mit der Leibniz Universität Hannover. Mit dem gemeinsamen Akt wollen wir einen in der Landeshauptstadt inzwischen etablierten Brauch fortsetzen. Wir laden Sie herzlich ein zum Vortrag von

Prof. Dr. Thomas Sonar (Braunschweig): Geschichte der Mathematik der Indivisiblen: Anfang und Ende.

Mit musikalischer Umrahmung.

Montag, den 1. Juli 2019, 16.00 Uhr.

Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, Waterloostr. 8, 30169 Hannover.

Eintritt frei.

 

Programm

Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791): Streichduo Nr. 1, KV 423. G-Dur (Allegro)

  • Begrüßung: Anne May (Direktorin der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek)
  • Begrüßung: Prof. Dr. Erich Barke (Präsident der Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Gesellschaft)
  • Zum Gedenken an Erwin Stein: Prof. Dr. Erich Barke

Johann Sebastian Bach (1685-1750): Duett Nr. 2 BWV 803

  • Vortrag: Prof. Dr. Thomas Sonar (Technische Universität Braunschweig): Geschichte der Mathematik der Indivisiblen: Anfang und Ende.

Jean-Marie Leclair (1697-1764): Duett Sonate Nr. 1 (Op. 3) (Allegro)

  • Musik: Yannick Hettich und Moritz Ter-Nedden (Orchester im Treppenhaus)

 

Referent

Thomas Sonar, geb. 1958, studierte 1977-1980 Maschinenbau an der Fachhochschule Hannover und 1981-1987 Mathematik und Informatik an der Leibniz-Universität Hannover. Promotion in Mathematik 1991 an der Universität Stuttgart, Habilitation 1995 an der TH Darmstadt. 1996-1999 Professor für Angewandte Mathematik an der Universität Hamburg, seit 1999 Professor für Technomathematik am Institut Computational Mathematics der TU Braunschweig. Mitglied in der Braunschweigischen Akademie der Wissenschaften, Ehrenmitglied der Mathematischen Gesellschaft Hamburg und korrespondierendes Mitglied der Hamburger Akademie der Wissenschaften. Zahlreiche Bücher und Arbeiten zur Geschichte der Analysis. Von ihm erschien zuletzt: Die Geschichte des Prioritätsstreits zwischen Leibniz und Newton.

 

Zum Vortrag

Die Theorie der Indivisiblen wurzelt in der Philosophie der griechischen Antike und Archimedes wurde der erste Meister der Anwendung von Indivisiblen in mathematischen Fragen, aber seine Methoden gingen verloren. Es dauerte bis zur Renaissance in Europa, dass die Indivisiblen erneut für die Mathematik entdeckt wurden. Im Vortrag beschreiben wir einen Zusammenhang, der erstmals von Eberhard Knobloch im Jahr 2002 beschrieben wurde: Es gibt einen "Dreisprung" über 3 Jahrhunderte hinweg von Nikolaus von Kues über Galileo Galilei hin zu Gottfried Wilhelm Leibniz, in dem Indivisiblen schließlich das Heimrecht in der Mathematik verlieren.

 

Die Veranstaltung steht zugleich im Zeichen des Gedenkens an einen großen Leibnizfreund, Professor Dr. Dr. h.c. mult. Erwin Stein, der sich mit vielfältigen Arbeiten und Aktivitäten um die Leibnizforschung verdient gemacht hat.

 

 

 

Vortragsveranstaltung vom 25. Juni 2019 (in Verbindung mit der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek)

Abb.: Liselotte von der Pfalz. Gemälde von Hyacinthe Rigaud, ca. 1713. Château de Versailles, Salles les princesses royales, Salles du XVII, Aile du Nord.

Vortragsreihe – Fürstinnen und ihre Netzwerke in der Frühen Neuzeit

Prof. Dr. Michaela Hohkamp (Hannover):

Netzwerke zwischen Versailles und Hannover: Die Briefe Elisabeth Charlottes von der Pfalz (1652–1722) an die Oberhofmeisterin Anna Katharina von Harling (1624–1702) in Hannover und deren Gatten Oberstallmeister Christian Friedrich von Harling (1631–1724).

DIENSTAG, den 25. Juni 2019, 17:00 Uhr.

Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, Waterloostr. 8, 30169 Hannover.

Eintritt frei.

 

Referentin

Michaela Hohkamp ist seit WS 2011 Inhaberin der Professur für Geschichte der Frühen Neuzeit (W3) am Historischen Seminar der Leibniz Universität Hannover. Nach ihrem Studium der Geschichte, Kunstgeschichte, Politikwissenschaft und Soziologie hat sie unter der Betreuung von Rudolf Vierhaus und Hans Medick ihre Dissertation zur ländlichen Gesellschaft der Frühen Neuzeit abgeschlossen und ist nach Promotion (1998), verschiedenen Auslandsaufenthalten und Hochschulassistenz am Fachbereich Geschichts- und Kulturwissenschaften der Freien Universität Berlin 2007 mit einer Arbeit zur Geschichte zum frühneuzeitlichen fürstlichen Adel habilitiert worden. Dort hat sie bis SoSe 2011 als Professorin die Fächer Historische Anthropologie und Geschlechtergeschichte vertreten. Schwerpunkte in der Forschung sind: Verwandtschaft, Gewalt und Herrschaft in der Frühen Neuzeit, sowie Geschichte der Historiographie.

 

Zum Vortrag

Fürstliche und königliche Macht und Herrschaft war angewiesen auf Kommunikationswege, die neben und außerhalb der offiziellen Wege liefen. Schlüsselfiguren in diesem Geschäft waren nicht nur bezahlte oder anderweitig belohnte Nachrichtenbroker oder fürstliche Verwandte beiderlei Geschlechts. Als Vermittlerinnen und Vermittler waren auch mittlere und höhere Hofchargen aktiv. Auf Grundlage des Briefwechsels der Schwägerin des französischen Königs Ludwig XIV., Elisabeth Charlotte von der Pfalz, den sie mit ihrer ehemaligen Kinderfrau Anna Katharina von Harling unterhielt, soll die Bedeutung solcher Briefverbindungen für die Netzwerkarbeit an Fürsten- und Königshöfen in der Frühen Neuzeit erhellt werden.

Vortragsveranstaltung vom 23. Mai 2019 (in Verbindung mit der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek)

Donnerstag, den 23. Mai 2019, 17:00 Uhr.

Prof. Dr. Markus Friedrich (Hamburg):

Genealogisches Wissen um 1700 - Gottfried Wilhelm Leibniz und Jacob Wilhelm Imhoff.

Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, Waterloostr. 8, 30169 Hannover.

Eintritt frei.

 

Referent

Markus Friedrich, geb. 1974, studierte von 1993 bis 1998 an der Ludwig-Maximilians-Universität München Neuere Geschichte, Mittelalterliche Geschichte und Philosophie. Von 1998 bis 2003 war er wissenschaftlicher Angestellter am Lehrstuhl von Winfried Schulze an der Universität München. 2002 promovierte er mit der Arbeit über den Helmstedter Hofmannstreit und seine Wirkungen auf das Luthertum um 1600. 2005 wurde er Assistent am Historischen Seminar der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Lehrstuhl für Neuere Allgemeine Geschichte und habilitierte sich mit der Arbeit Der lange Arm Roms? Globale Verwaltung und Kommunikation im Jesuitenorden (1540-1773). Seit 2013 ist er Inhaber des Lehrstuhls für Geschichte der Frühen Neuzeit an der Universität Hamburg. Seine Arbeitsschwerpunkte sind die Religionsgeschichte der Frühen Neuzeit als Kulturgeschichte, Wissens- und Informationsgeschichte als Herrschaftsgeschichte, Archive und Archivkultur im frühneuzeitlichen Europa.

 

Zum Vortrag

Genealogisches Wissen war zu Lebzeiten von Leibniz von überragender Bedeutung. Es vermittelte sozialen Status und war politisch relevant. Entsprechend umfangreich, aber auch vielfältig waren die Bemühungen adeliger Familien, Familienwissen zu erzeugen. Man wollte immer genauer wissen, von wem man abstammte, wer mit wem wie seit wann verwandt war und wie die Familien des europäischen (Hoch-)Adels miteinander zusammenhingen. Viele Gelehrte, sei es an Universitäten, sei es in fürstlichen Diensten, waren mit der Erforschung solcher Fragen befasst. Eine regelrechte Szene entwickelte sich, zu der auch Leibniz zählte, der mit vielen Genealogen seiner Zeit korrespondierte. Einer dieser Briefpartner war Jacob Wilhelm Imhoff (1651-1728), ein Nürnberger Patrizier und Autor zahlreicher genealogischer Enzyklopädien. Ausgehend vom Briefwechsel der beiden Protagonisten wird der Vortrag einführen in die Abläufe, Probleme, Formen und Konflikte genealogischer Forschung um 1700.

 

 

 

Vortragsveranstaltung vom 24. April 2019

MITTWOCH, den 24. April 2019, 17:00 Uhr.

PD Dr. Hanns-Peter Neumann (Halle):

Leibniz im Manteuffel-Wolff-Briefwechsel.

Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, Waterloostr. 8, 30169 Hannover.

Eintritt frei.

 

Referent

Hanns-Peter Neumann, geb. 1964, studierte 1989-1996 Philosophie und Allgemeine sowie Vergleichende Literaturwissenschaft an der Freien Universität Berlin. 2001 promovierte er an der Freien Universität Berlin. 2005-2010 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter im DFG-Forschungsprojekt "Die Aufklärung im Bezugsfeld neuzeitlicher Esoterik". Seit 2003 ist er Lehrbeauftragter am Philosophischen Institut der Freien Universität Berlin sowie seit 2011 wissenschaftlicher Mitarbeiter im von der DFG geförderten Kooperationsprojekt der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig "Historisch-kritische Edition des Briefwechsels zwischen Christian Wolff und Ernst Christoph Graf von Manteuffel". 2012 habilitierte er sich am Fachbereich "Philosophie und Geisteswissenschaften" der Freien Universität Berlin.

 

Zum Vortrag

Der nahezu lückenlos erhaltene Briefwechsel zwischen Christian Wolff, dem großen Philosophen der Aufklärung zwischen Leibniz und Kant, und Ernst Christoph Graf von Manteuffel, dem sächsisch-polnischen Minister, Geheimagenten des Wiener Hofes und Mäzen der Aufklärung, ist als ein Glücksfall anzusehen. Dieser umfangreichste erhaltene Briefwechsel Christian Wolffs erstreckt sich über die Jahre 1738-1748 und ist daher ein einzigartiges Zeugnis zu Wolffs später Biographie. Vor allem zeigt die Wolff-Manteuffel-Korrespondenz, mit welcher Intensität sich Wolff und Manteuffel über aktuelle theologische, philosophische, rechtliche und naturwissenschaftliche Fragen und Debatten ausgetauscht haben - ein Austausch, der nicht selten über Manteuffel und seinen Kreis publizistisch fruchtbar gemacht worden ist. Nach einer einleitenden Vorstellung des Briefwechsels und der beiden Korrespondenten Wolff und Manteuffel wird es im Vortrag zunächst um eine kurze Skizze des Verhältnisses Wolffs zu Leibniz gehen, wie es vor allem, aber nicht nur im Briefwechsel zutage tritt. Danach folgt eine Überblicksdarstellung zu 'Leibniz' in der Wolff-Manteuffel-Korrespondenz, bevor einige wenige Beispiele aus dem Briefwechsel detaillierter erörtert werden, u.a. die Monadendebatte 1746/1747.

 

 

 

Vortragsveranstaltung vom 28. März 2019 (in Verbindung mit der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek)

Abb.: Academia Julia in Helmstedt, in: M. Merian: Topographia und eigentliche Beschreibung der vornembsten Stäte, Schlösser, auch anderer Plätze und Örter in denen Hertzogthümern Braunschweig und Lüneburg, Frankfurt 1654, Tafel nach S. 114.

Donnerstag, den 28. März 2019, 17:00 Uhr.

Prof. Dr. Bernd Roling (Berlin):

Vom geplünderten Frauenkloster zur Genese der Mediävistik: Die Bibliothek der Academia Julia und der Beginn der Mittelalterstudien in Helmstedt.

Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, Waterloostr. 8, 30169 Hannover.

Eintritt frei.

 

Referent

Bernd Roling, geb. 1972, studierte 1993-1998 Mittellateinische Philologie, Lateinische Philologie, Philosophie, Geschichte, Hebräische Philologie, Indologie an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster. 2002 promovierte er dort in Mittel- und Neulateinischer Philologie mit der Arbeit "Aristotelische Naturphilosophie und christliche Kabbalah im Werk des Paulus Ritius († 1541)". 2007 erfolgte in Münster die Habilitation in Lateinischer Philologie des Mittelalters und der Neuzeit mit der Habilitationsschrift "Locutio angelica. Die Diskussion der Engelsprache als Antizipation einer Sprechakttheorie in Mittelalter und Früher Neuzeit". Seit 2011 ist er Professor für Lateinische Philologie (mit Schwerpunkt Lateinische Philologie des Mittelalters) am Institut für Griechische und Lateinische Philologie der Freien Universität Berlin.

 

Zum Vortrag

Die Academia Julia in Helmstedt besaß im ausgehenden 16. Jahrhundert eine der bemerkenswertesten Sammlungen an mittelalterlichen Handschriften, die Deutschland in dieser Zeit vorweisen konnte. Verantwortlich für diesen Bestand an Manuskripten waren vor allem die Säkularisationen der niedersächsischen Klöster gewesen, darunter Wöltingerode oder Marienberg, die Herzog Julius in die Wege geleitet hatte. Es war zuvorderst die Professorenschaft der Universität Helmstedt, die von ihm Ge-brauch machte. Für diese Gelehrten mussten die Handschriften daher auch das Fundament ihrer eigenen Studien bilden, damit aber auch der Werke, die sie mit Hilfe dieses Bestandes verfasst hatten. Wie aber schlug sich die Kollektion vor Ort in den Arbeiten der heimischen Professoren nieder? Welche Schwerpunktsetzungen brachte sie mit sich? Unser Vortrag möchte sich diesen Fragen annehmen: Zumindest einige der Professoren veranlasste die Lektüre der niedersächsischen Materialien dazu, die oft stark konfessionell geprägt Perspektive auf das Mittelalter hinter sich zu lassen und einem weniger voreingenommenen Blick auf die Zeit vor 1500 Raum zu geben. Viele am Mittelalter und seinen Überlieferungen, seinen Historikern, seiner Literatur und seinen Realien interessierte Professoren ließen sich in Helmstedt benennen, darunter Herman Conring oder Johannes Andreas Schmidt. Zwei Gestalten sollen hier besonders herausgegriffen werden, Polycarp Leyser IV., der Begründer der mittellateinischen Philologie, dessen Nachlass in der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek liegt, und Johann Georg Leuckfeld, dessen Klostergeschichten das Bild des mittelalterlichen Niedersachsens ebenfalls nachhaltig verändern sollten.

 

 

 

Vortragsveranstaltung vom 21. Februar 2019 (in Verbindung mit der Juristischen Studiengesellschaft Hannover)

G. W. Leibniz: Nova Methodus Discendae Docendaeque Jurisprudentiae, Frankfurt 1667. Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek Hannover, Sign.: Leibn. Marg. 12.

Donnerstag, den 21. Februar 2019, 17:00 Uhr.

Prof. Dr. Matthias Armgardt (Konstanz):

Einblicke in die Rechtsphilosophie von Gottfried Wilhelm Leibniz.

Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, Waterloostr. 8, 30169 Hannover.

Eintritt frei.

 

Referent

Prof. Dr. Matthias Armgardt studierte Rechtswissenschaften in Bochum und Köln und promovierte über die Anwendung der mathematischen Logik auf das Recht bei Gottfried Wilhelm Leibniz. In seiner Habilitation an der Universität Köln beschäftigte er sich mit antikem Lösungsrecht. Von 2005 bis 2007 war er Assistent am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Antike Rechtsgeschichte und Römisches Recht der Ruhr-Universität Bochum. Er ist seit Oktober 2009 Inhaber der Professur für Bürgerliches Recht, Antike Rechtsgeschichte, Römisches Recht und Neuere Privatrechtsgeschichte an der Universität Konstanz und zudem am Exzellenzcluster "Kulturelle Grundlagen von Integration" sowie an der Leitung des deutsch-französischen interdisziplinären Forschungsprojekts "Jurisprudenz und Logik" beteiligt.

 

Zum Vortrag

Die Rechtsphilosophie von Gottfried Wilhelm Leibniz ist im Gegensatz zu anderen Aspekten seines philosophischen Werkes bislang nur wenig erforscht. Dabei stellt sie einen wesentlichen Teil seines Gesamtwerkes dar, der für ein Gesamtverständnis seiner Philosophie unverzichtbar ist. Auf einzigartige Weise hat Leibniz Römisches Recht, Naturrecht, formale Logik, Ethik und Metaphysik zu einem höchst inspirierenden Ganzen verwoben, das bis heute noch nicht verstanden und ausgeschöpft worden ist. Der Vortrag bietet eine Einführung in wichtige Aspekte der Leibniz'schen Rechtsphilosophie.

 

 

Vortragsveranstaltung vom 12. Februar 2019

Theodor de Bry (1528-1598), aus: H. Benzoni: Historien, in: America pars quarta, Frankfurt am Main 1594. https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Columbus_landing_on_Hispaniola.jpg

Dienstag, den 12. Februar 2019, 17:00 Uhr

Prof. Dr. Daniel J. Cook (New York):

Wie stand Leibniz zum Kolonialismus?

Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, Waterloostr. 8, 30169 Hannover

Eintritt frei

Referent

Daniel J. Cook promovierte 1968 an der Columbia University in New York City zum Doktor der Philosophie. Es folgten Stipendien der Heinrich-Hertz-Stiftung für Forschungen an der Universität Bonn und am Hegel-Archiv der Universität Bochum (1971-1972). Cook ist emeritierter Professor der Philosophie am Brooklyn College der City University of New York. Er verfasste zahlreiche Publikationen zur vergleichenden Philosophie und neuzeitlichen Philosophiegeschichte, vor allem zu Hegel und Leibniz, darunter: "Leibniz and 'Orientalism'", in: Studia Leibnitiana 40 (2008); "Leibniz on Prophets, Prophecy and Revelation", in: Religious Studies 45 (2009); "Leibniz's Biblical Hermeneutics", in: Wenchao Li u. Hartmut Rudolph (Hrsg.): Leibniz im Lichte der Theologien (Studia Leibnitiana, Sonderhefte 40, 2017); "Leibniz's 'Reformation' of Chinese Thought", in: Wenchao Li (Hrsg.): Leibniz and the European Encounter with China (Studia Leibnitiana, Sonderhefte 52, 2017). Unter den von ihm herausgegebenen Werken sind u. a.: G. W. Leibniz: Writings on China (zusammen mit Henry Rosemont, 1994); Leibniz und das Judentum (zusammen mit Hartmut Rudolph u. Christoph Schulte, Studia Leibnitiana, Sonderhefte 34, 2008). Zurzeit arbeitet er als Mitherausgeber (zusammen mit Alan Berkowitz) an einer englischsprachigen Ausgabe von Leibniz' Briefwechsel mit dem jesuitischen China-Missionar Joachim Bouvet (online unter: leibniz-bouvet.swarthmore.edu).

 

Zum Vortrag

Man hat Leibniz gelobt als Beispiel für Toleranz auf dem Feld der Theologie wie auch im Politischen. Die Quellen, die seine ökumenischen Bemühungen um eine Annäherung der getrennten christlichen Konfessionen wie auch seine positive Einstellung gegenüber Heiden, wie den Chinesen, dokumentieren, sind bekannt. Für ihn galt "die große Mehrheit der Menschen" als bereits zivilisiert und kultiviert, darunter ausdrücklich Nicht-Christen, wie die alten Griechen und Römer und die Chinesen, die in seiner Zeit lebten. In meinem Vortrag will ich mich Leibniz' Einstellung gegenüber den noch verbliebenen "unzivilisierten" Völkern zuwenden; er nannte sie "Barbaren" oder auch "Wilde". Worin sah er die Funktion des christlichen Europas - gewissermaßen Gottes Maschine zur Verbreitung von Kultur und Zivilisation - im Blick auf diese Völker? Angesichts der erstaunlichen Kenntnisse, die sich Leibniz über die damalige Welt erworben hatte, wozu auch detaillierte Berichte über die Gräuel gehören, die den Eingeborenen in Amerika angetan wurden, hat er offenkundig Tatsachen ignoriert, die seiner eigenen Vision von diesen Völkern zuwiderliefen. Es gibt ganz offensichtlich einen Widerspruch zwischen seiner Vorstellung darüber, wie man mit den "barbarischen" Völkern umgehen solle (die für ihn selbstverständlich human waren und Respekt verdienten), und seiner Wahrnehmung der tatsächlichen Umgangsmethoden in vielen damals entstehenden europäischen Kolonien, besonders in der Neuen Welt. Man kann daraus nur einen einzigen Schluss ziehen: für Leibniz muss die Aussicht auf deren mögliche Bekehrung das gegenwärtige Leiden übertrumpft und so den europäischen Expansionismus rechtfertigt haben.

 

 

 

Vortragsveranstaltung vom 31. Januar 2019

G. W. Leibniz: Excerpta ex commercio epistolico inter Collinium et Gregorium (18.-29. Oktober 1676). Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek Hannover, LH 35 VIII 23, Bl. 1r.

Donnerstag, den 31. Januar 2019, 17:00 Uhr

Dr. Philip Beeley (Oxford):

Kommunikation, Macht und Wissenschaftspolitik in der frühen Neuzeit: Leibniz, Newton und ihre Kreise

Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, Waterloostr. 8, 30169 Hannover

Eintritt frei

 

 

Referent

Studium der Philosophie, Mathematik, und Wissenschafts- und Technikgeschichte an der Universität Wales und der Technischen Universität Berlin. Promotion 1993 bei Hans Poser und Eberhard Knobloch mit einer Arbeit zum Kontinuitätsproblem bei Leibniz. Danach an der Universität Hamburg (Assistent von Christoph J. Scriba) sowie an der Universität Münster (Leibniz-Forschungsstelle). Seit 2007 an der Historischen Fakultät der Universität Oxford sowie Fellow am Linacre College. Lehre und Forschung zur Wissenschaftsgeschichte, speziell Mathematikgeschichte der frühen Neuzeit. Schwerpunkte: Geschichte der Royal Society, Wallis, Collins und Leibniz. Von 2015 bis 2017 Präsident der British Society for the History of Mathematics; Mitglied der Leitungskommission des Oxforder Cultures of Knowledge Projekts sowie von dessen Online Datenbank frühneuzeitlicher Korrespondenz Early Modern Letters Online (EMLO). Neuere Buchveröffentlichungen: Correspondence of John Wallis (1616-1703), Bd. IV, Oxford: Oxford University Press 2014 (zus. mit C. J. Scriba); G. W. Leibniz, Interrelations between Mathematics and Philosophy, Heidelberg: Springer 2015 (zus. mit D. Rabouin und N. B. Goethe); Reading Mathematics in the Early Modern Age, New York: Routledge (zus. mit Y. Nasifoglu und B. Wardhaugh) (erscheint demnächst).

 

Zum Vortrag

Unter Leibniz' intellektuellen Beziehungen waren diejenigen zu englischen und später auch schottischen Wissenschaftlern die vielleicht komplexesten. Mit Ausnahme von Personen wie Henry Oldenburg, Theodore Haak und Henri Justel ist es ihm kaum gelungen, vertrauensvolle Gesprächspartner zu finden, während britische Wissenschaftler ihren deutschen Zeitgenossen zunehmend mit Argwohn betrachtet haben. Im Vortrag wird Leibniz' schrittweise Entfremdung von der Londoner Royal Society gegen Ende des 17. Jahrhunderts unter Verwendung von bisher weitgehend unberücksichtigten brieflichen und anderen schriftlichen Quellen untersucht. Es soll im Vortrag gezeigt werden, dass schon früh Überlegungen ins Spiel kamen, die nur mittelbar mit den eigentlichen wissenschaftlichen Fragen zu tun hatten.

 

 

Vortragsveranstaltung vom 23. November 2018

 

Freitag, den 23. November 2018, 17:00 Uhr.

Prof. Dr. Eberhard Knobloch (Berlin):

Leibnizens Konzept einer ars characteristica generalis oder ars combinatoria: Leibniz'sche Beispiele.

Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, Waterloostr. 8, 30169 Hannover.

Eintritt frei.

Referent

Eberhard Knobloch, geb. 1943, studierte Mathematik, Klassische Philologie, Wissenschafts- und Technikgeschichte. 1976 habilitierte er sich für Geschichte der Mathematik und der exakten Naturwissenschaften. Von 1976 bis 2008 war er Projektleiter der Leibniz-Edition an der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen für Leibniz' Mathematischen Schriften (Reihe VII), seit 2001 ist er Projektleiter für die Naturwissenschaftlich-medizinisch-technischen Schriften (Reihe VIII) sowie seit 2007 Projektleiter für die Politischen Schriften (Reihe IV) der Leibniz-Edition an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Neben der Leibniz-Edition betreute er auch die Tschirnhaus-Edition der Sächsischen Akademie der Wissenschaften und wirkte an der Kepler-Edition mit. Von 1980 bis 2009 war er Professor für Geschichte der exakten Wissenschaften und der Technik an der Technischen Universität Berlin, ab 2002 zugleich Akademieprofessor für dieses Fach an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften (BBAW). Er ist Mitglied mehrerer deutscher und internationaler Akademien der Wissenschaften. Er veröffentlichte mehr als dreihundert Aufsätze bzw. Bücher zur Wissenschafts- und Technikgeschichte und ist Mitglied in den Herausgebergremien von sechzehn internationalen Zeitschriften, darunter den Studia Leibnitiana. Seine wissenschaftlichen Interessen gelten vor allem der Geschichte und Philosophie der mathematischen Wissenschaften und der Renaissancetechnik.

 

 

 

Zum Vortrag

Bereits im Dialog zur Einführung in die Arithmetik und Algebra (1676) stellte Leibniz sein Konzept einer symbolischen Algebra vor, die der ars combinatoria nachgeordnet ist. Im Briefwechsel mit Tschirnhaus führte er seine Idee einer ars characteristica generalis oder ars combinatoria näher aus. Er stellte ihre Leistungsfähigkeit für das Malen unserer Gedanken heraus, den engen Zusammenhang von Zeichen- und Wissenschaftstheorie. Algebra diente ihm als Modell, sie war der Prüfstein für die Vervollkommnung der ars characteristica. Seine Studien zu symmetrischen Funktionen zeigen idealtypisch alle Vorteile dieses Konzepts: Zerlegung in einfachere Begriffe (elementarsymmetrische Funktionen), Gleichförmigkeit, Tafeln, Bildungsgesetze. Die Ausführungen zu Potenzsummen zeigen, wie er schrittweise geeignete Zeichensysteme entwickelte.

 

 

Vortragsveranstaltung vom 25. Oktober 2018 (in Verbindung mit der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek)

Vortragsreihe – Die Sintflut im Denken um 1700

 

Donnerstag, den 25. Oktober 2018, 17:00 Uhr.

Prof. Dr. Wenchao Li (Potsdam):

War die Sintflut ein lokales Ereignis? Chinesische Geschichte versus biblische Überlieferung.

Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, Waterloostr. 8, 30169 Hannover.

Eintritt frei.

[Abb.: Der chinesische Urkaiser Fuxi (mutmaßlich 3. Jtsd. v. Chr.) vor einem Trigramm. Zeichnung von Guo Xu (1456 – ca. 1529), 1503. Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Guo_Xu_album_dated_1503_(1).jpg]

 

Referent

Wenchao Li, geb. 1957 in der chinesischen Provinz Shaanxi, studierte Germanistik, Philosophie, Linguistik und Politologie in Xi'an, Beijing, Heidelberg und Berlin. Nach Promotion und Habilitation an der Freien Universität Berlin war er in Lehre und Forschung an deutschen und chinesischen Universitäten tätig. Von 2010 bis 2017 hatte er die Leibniz-Stiftungsprofessur der Leibniz Universität Hannover inne. Seit 2007 ist er Leiter der Leibniz-Editionsstelle Potsdam der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, die Leibniz' Politische Schriften (Reihe IV der Akademie-Ausgabe) herausgibt. Er ist u.a. Mitglied im Leitungskomitee der Fédération Internationale des Societés de Philosophie (FISP) sowie seit 2017 Vizepräsident der Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Gesellschaft.

 

Zum Vortrag

Die Entdeckung der chinesischen Frühgeschichte im 17. Jahrhundert durch die Europäer drohte den überlieferten Rahmen ihrer biblischen Chronologie zu sprengen: das angebliche hohe Alter der chinesischen Sprache (ver)führte daher nur allzu leicht zu der Annahme, dass die Chinesen sich am Bau des Turms von Babel nicht beteiligt hatten. War die Sintflut deshalb letztlich nur ein lokales Ereignis? Und lässt sich anhand der chinesischen Sprache die ge-meinsame Sprache der Menschheit vor der babylonischen Verwirrung rekonstruieren? Der Vortrag be-handelt diese äußerst gelehrsame sowie zugleich kuriose und retrospektiv geradezu abstrus erscheinende Diskussion im Europa der Leibniz-Zeit im historischen Kontext und versucht dennoch deren aktuelle Bedeutung herauszuarbeiten.

Vortragsveranstaltung und Buchvorstellung vom 10. Oktober 2018 (in Verbindung mit der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek)

Mittwoch, den 10. Oktober 2018, 17:00 Uhr.

Prof. Dr. Heiko Droste (Stockholm):

Das Geschäft mit Nachrichten. Ein barocker Markt für soziale Ressourcen.

Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, Waterloostr. 8, 30169 Hannover.

Eintritt frei.

 

Referent

Prof. Dr. Heiko Droste, geb. 1963, studierte Geschichte, Bibliothekswissenschaft und Politische Wissenschaft an der Universität Köln. Nach der Promotion 1994 widmete er sich Studien zur schwedischen, baltischen und deutschen Geschichte im 17. Jahrhundert. Seit 2015 ist er Professor für Stadtgeschichte an der Universität Stockholm.

 

Zum Vortrag

Eine Nachricht ist ein aktueller Bericht über publike oder partikuläre Ereignisse. Der Tausch von Nachrichten in Form von Korrespondenzen gehört seit der Antike zur Kultur der Freundschaft: Korrespondenzen begründen und verstärken soziale Beziehungen auf Gegenseitigkeit. Nachrichten sind somit Grundlage eines sozialen Kredits, der als eine Ressource genutzt werden kann - sie sind ein Geschäft. In seinem Vortrag analysiert Prof. Dr. Heiko Droste dieses Geschäft mit Nachrichten als Teil eines Marktes für soziale Ressourcen im 17. Jahrhundert. Mitglieder von Funktionseliten tauschten Nachrichten gegen Teilhabe an Netzwerken sowie Partizipation an Herrschaft ein. Die gegenseitige Korrespondenz war damit ein Medium der Vergesellschaftung dieser Eliten, zumal im Brief räumliche und soziale Distanzen überwunden wurden. Dieser Markt war Voraussetzung für die Entstehung des öffentlichen Nachrichtenwesens.

 

 

Vortragsveranstaltung vom 27. September 2018 (in Verbindung mit der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek)

Vortragsreihe – Die Sintflut im Denken um 1700

 

Donnerstag, den 27. September 2018, 17:00 Uhr.

Prof. Dr. Michael Kempe (Hannover):

Tod des Feuersalamanders. Sintflut, Erdgeschichte und Entwicklung des Lebens bei Gottfried Wilhelm Leibniz.

Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, Waterloostr. 8, 30169 Hannover.

Eintritt frei.

Abb.: Haifischkopf mit versteinerten Haifischzähnen (Glossopetrae), nach der Vorlage von Stenos Prodromus (1669), aus: Gottfried Wilhelm Leibniz, Protogaea, Göttingen 1749, Tafel VII (GWLB: Leibn. 212).

Referent

Michael Kempe, geb. 1966, studierte Geschichte und Philosophie an der Universität Konstanz und am Trinity College in Dublin. Nach seiner Promotion über die Sintfluttheorie des Leibniz-Korrespondenten Johann Jakob Scheuchzer war er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Max-Planck-Institut für europäische Rechtsgeschichte in Frankfurt/M. und wissenschaftlicher Assistent an der Universität St. Gallen. Nach seiner Habilitation über Piraterie und Völkerrecht in der frühen Neuzeit (2009) arbeitete er als wissenschaftlicher Koordinator am Konstanzer Exzellenzcluster "Kulturelle Grundlagen von Integration", seit November 2011 ist er Leiter des Leibniz-Archivs und der Leibniz-Forschungsstelle Hannover und seit April 2013 außerplanmäßiger Professor an der Universität Konstanz.

 

 

Zum Vortrag

Wie alt ist unsere Erde? Auf welche Weise hat sich das Leben auf diesem Planeten entfaltet und wie wird es sich in der Zukunft weiterentwickeln? Der Universalgelehrte Gottfried Wilhelm Leibniz (1646-1716) gibt auf diese Fragen erstaunlich moderne Antworten und weicht damit von der zu seiner Zeit in Europa vorherrschenden christlichen Auffassung zu Schöpfung und Erdgeschichte grundlegend ab. Im Mittelpunkt von Leibniz' Beschäftigung mit Erdgeschichte und Geologie steht dabei der Versuch einer wissenschaftlichen Deutung der von Moses beschriebenen Sintflut, woraus ebenfalls eine kritische Haltung gegenüber wörtlichen Bibelauslegungen deutlich wird. Leibniz' Beschäftigung mit der Sintflut zeigt den Wandel theologischer Denkmuster in den Erdwissenschaften um 1700 und markiert eine wichtige Etappe in der Ideengeschichte der Evolution vor Charles Darwin. Indem der Vortrag diesen Gedankenzusammenhang ausbreitet, kommen neben bekannten Texten, wie der "Protogaea", auch bislang wenig beachtete Schriften und Briefe von Leibniz zur Sprache.

Vortragsveranstaltung vom 23. August 2018 (in Verbindung mit der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek)

Vortragsreihe – Die Sintflut im Denken um 1700

 

Donnerstag, den 23. August 2018, 17:00 Uhr.

Dr. Stephan Waldhoff (Potsdam):

Ein Ausbruch aus der kleinen Welt des heiligen Buches? Präadamiten und Sintflut.

Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, Waterloostr. 8, 30169 Hannover.

Eintritt frei.

[La Peyrère, Isaac de, Praeadamitae. [Paris] 1655. Bayerische Staatsbibliothek München, 4 Exeg. 691-1, Abb. nach S. 68, urn:nbn:de:bvb:12-bsb10354438-7]

Referent

Stephan Waldhoff, geboren 1964, nach Studium der Geschichte und katholischen Theologie in Münster und Tübingen sowie Promotion in Münster 1996-1998 Archivreferendar und anschließend wissenschaftlicher Mitarbeiter am Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz in Berlin. Seit 2000 als wissenschaftlicher Mitarbeiter der Leibniz-Edition Potsdam an der Edition von Leibniz' Politischen Schriften (Reihe IV der Akademie-Ausgabe) beteiligt. Veröffentlichungen zur frühmittelalterlichen Frömmigkeits- und Liturgiegeschichte, zum Urkunden- und Kanzleiwesen des Deutschen Ordens und des Herzogtums Preußen, zu Sebastian Franck, zur preußischen Bauverwaltung im späten 18. und frühen 19. Jh. und zu Leibniz.

 

 

Zum Vortrag

Mit den Entdeckungsfahrten der Neuzeit und dem hohen Interesse an der alten Kultur Chinas scheint die "kleine Welt des heiligen Buches" (Jacques Solé) ihre Plausibilität endgültig verloren zu haben. Als eine Antwort auf diese Herausforderung wirkt die Präadamiten-Hypothese des französischen Protestanten Isaac de La Peyrère (1596-1676): Adam sei nicht der erste Mensch gewesen, vielmehr nur der Stammvater des jüdischen Volkes. Es habe bereits vor Adam Menschen (Präadamiten) gegeben, und der Horizont der Bibel beschränke sich auf den Vorderen Orient, womit die Sintflut zu einem regionalen Ereignis wird. Kein Wunder, dass diese Hypothese bei Orthodoxen aller Konfessionen auf heftigsten Widerstand stieß. Aber auch Leibniz lehnte sie entschieden ab. Betrachtet man de La Peyrères Argumentation jedoch genauer, muss man feststellen, dass der Wandel vom biblischen zum modernen Weltbild so einfach und geradlinig nicht war, wie er in der Rückschau erscheinen mag.

Vortragsveranstaltung vom 26. Juli 2018 (in Verbindung mit der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek)

Athanasius Kircher: Turris Babel, Amsterdam 1679, S. 38.

Vortragsreihe – Die Sintflut im Denken um 1700

 

Donnerstag, den 26. Juli 2018, 17:00 Uhr.

Dr. Frank Böhling (Berlin):

Von Babel nach Latium. Die Urgeschichte Italiens nach Athanasius Kircher.

Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, Waterloostr. 8, 30169 Hannover.

Eintritt frei.

 

Referent

Frank Böhling studierte Philosophie, Klassische Philologie, Geschichte und Japanologie an der FU Berlin und promovierte bei Wilhelm Schmidt-Biggemann über Samuel Pufendorfs Naturrecht. 2010-2015 Mitarbeit an der kommentierten Reprintausgabe der Hauptwerke von Athanasius Kircher. Sein Interessenschwerpunkt ist das 17. Jahrhundert, dazu die Beschäftigung mit der arabisch-hebräischen Überlieferung griechischer Philosophie an das lateinische Mittelalter.

 

Zum Vortrag

Wie sah die Urgeschichte der Menschheit aus? In welcher Beziehung stehen die frühen Kulturen zueinander? Im 17. Jahrhundert verliert, während das Interesse an diesen Fragen stetig wächst, wie z.B. die archäologische Begeisterung zeigt, der biblische Bericht, der die Nachkommen Noahs die Erde besiedeln lässt, an Glaubwürdigkeit. Für den Jesuiten und Universalgelehrten Athanasius Kircher sind Neugier und Frömmigkeit aber kein Widerspruch, was Werke wie Latium (1669), Arca Noë (1675) und Turris Babel (1679) belegen.

Vortragsveranstaltung vom 31. Mai 2018 (in Verbindung mit der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek)

Copyright: GWLB Hannover, LBr 947, Bl. 66

Donnerstag, den 31. Mai 2018, 17:00 Uhr.

Dr. Regina Stuber (Hannover):

Johann Christoph von Urbich (1653-1715): Ein Leibniz-Korrespondent in diplomatischen Missionen zwischen Fürsten, Königen, Kaiser und Zar.

Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, Waterloostr. 8, 30169 Hannover.

Eintritt frei.

 

Referentin

Dr. Regina Stuber studierte Slavistik, Germanistik und Wissenschaftsgeschichte in Regensburg, Bordeaux und Nancy und ist seit 2000 wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der Edition von Gottfried Wilhelm Leibniz, Sämtliche Schriften und Briefe. Allgemeiner, politischer und historischer Briefwechsel (Reihe I der Akademieausgabe), die bei der Leibniz-Forschungsstelle der Göttinger Akademie der Wissenschaften an der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek angesiedelt ist.

 

Zum Vortrag

Johann Christoph von Urbich (1653-1715) war als Diplomat meist in Wien am Hof des Kaisers tätig sowie als dänischer / russischer Gesandter und für Herzog Anton Ulrich von Braunschweig-Wolfenbüttel - um nur seine wichtigsten Dienstverhältnisse zu nennen. Seine umfangreiche Korrespondenz, in der Nachrichten aus London, Moskau, Konstantinopel, Venedig etc. übermittelt wurden, erlaubt neue Einblicke in die Diplomatiepraxis um 1700.

Vortragsveranstaltung vom 19. April 2018 (in Verbindung mit der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek)

[Copyright: Österreichische Nationalbibliothek, Inventarnr. PORT_00052601_01, www.bildarchivaustria.at/Preview/4924939.jpg]

Donnerstag, den 19. April 2018, 17:00 Uhr

Dr. Ines Peper (Wien):

"Sie hat die Gemeinde, nicht den Gott gewechselt": Die Konversion der späteren Kaiserin Elisabeth Christine von Braunschweig-Wolfenbüttel als interkonfessionelles Experiment.

Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, Waterloostr. 8, 30169 Hannover

Eintritt frei

 

Referentin

Dr. Ines Peper studierte Geschichte und Kunstgeschichte in Graz und Wien. Seit 2008 ist sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin der Universität Wien an der Edition der gelehrten Korrespondenz der Brüder Bernhard und Hieronymus Pez beteiligt; der Schwerpunkt ihrer Forschungsinteressen liegt im Bereich der interkonfessionellen Beziehungen sowie der Gemeinschaftsforschung.

 

Zum Vortrag

Die Inschrift "Sie hat die Gemeinde, nicht den Gott gewechselt" ("coetum non numina mutat") findet sich auf einer Gedenkmünze, die anlässlich des Übertritts Elisabeth Christines von Braunschweig-Wolfenbüttel zur katholischen Kirche im Jahr 1707 geprägt wurde. Die Konversion war eine Vorbedingung für die Eheschließung der Prinzessin mit dem späteren Kaiser Karl VI., der damals noch als König Karl III. im Kampf um die spanische Krone stand. Der von evangelischen und katholischen Geistlichen gemeinsam konzipierte Konversionsunterricht war wesentlich geprägt vom Leibniz'schen Plan zur Wiedervereinigung der beiden Kirchen und bemühte sich um den Nachweis, dass diese in allen fundamentalen theologischen Lehren übereinstimmten. Der Vortrag ordnet diese Überzeugungen, die in diesem konkreten Fall auch für die öffentliche Rechtfertigung der Konversion herangezogen wurden, in zeitgenössische Auseinandersetzungen um das Verhältnis der Konfessionen und in die politischen und dynastischen Zusammenhänge der Konversion und Hochzeit ein und berücksichtigt dabei insbesondere auch die Leibnizkorrespondenz.

Vortragsveranstaltung vom 13. März 2018 (in Verbindung mit der Juristischen Studiengesellschaft Hannover)

Dienstag, den 13. März 2018, 19:30 Uhr

Regionspräsident Hauke Jagau (Hannover):

Politische Gestaltung in Zeiten verrechtlichter Gesellschaft ‒ Passen gesellschaftliche Vorstellungen und normative Grundlagen für kommunale Akteure noch zusammen?

Haus der Region Hannover, Hildesheimer Str. 18, 30169 Hannover

Eintritt frei

 

Referent

Regionspräsident Hauke Jagau, geboren 1961, studierte an der Leibniz Universität Hannover Rechtswissenschaften. Der Volljurist war von 1989 bis 1990 wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der SPD-Landtagsfraktion Niedersachsen. Von 1990 bis 1994 war er als Referatsleiter für Öffentlichkeitsarbeit, Presse-, Rundfunk- und Fernsehangelegenheiten und als Kabinetts- und Parlamentsreferent im Niedersächsischen Justizministerium tätig, von 1994 bis 1996 als Referent in den Bereichen Presse- und Medienrecht, Staats- und Verfassungsrecht in der Niedersächsischen Staatskanzlei. Ab November 1996 war er hauptamtlicher Bürgermeister der Stadt Laatzen in der Region Hannover. Seit 1. November 2006 ist er Regionspräsident der Region Hannover.

 

Zum Vortrag

Viele Lebensbereiche erleben eine zunehmende Verrechtlichung, die Gründe hierfür sind vielfältig. Nicht nur die gesetzlichen Grundlagen schränken die kommunalpolitischen Akteure ein, auch die Rechtsprechung setzt zunehmend kleinteilige Grenzen. Im Vortrag wird anhand von Beispielen aus der Praxis ein lebendiger Einblick vermittelt, wie sich rechtliche Grundlagen und gesellschaftliche Erwartungen oftmals diametral entgegenstehen und welche Folgen sich für das gesellschaftliche Bild von Politikern ergeben. In einem kleinen Exkurs wird auch die Rolle der sozialen Medien in diesem Prozess beleuchtet.

Vortragsveranstaltung vom 7. März 2018

Katsushika Hokusai (1760-1849), „Kuckuck und Regenbogen“

Mittwoch, den 7. März 2018, 17:00 Uhr

Prof. Dr. Tsuyoshi Matsuda (Kobe):

Traum und Regenbogen – Eine leibnizsche Betrachtung

Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, Waterloostr. 8, 30169 Hannover

Eintritt frei

 

Referent

Tsuyoshi Matsuda, geb. 1956, 1975-1985 Studium der Philosophie in Kyoto. 1989 Promotion in Philosophie als Stipendiat des Deutschen Akademischen Austauschdiensts an der Universität Osnabrück mit dem Thema Der Satz vom Grund und die Reflexion - Identität und Differenz bei Leibniz (veröffentlicht 1990). 2000 Gastforscher am Leibniz-Archiv Hannover. Seit 2003 Professor für Philosophie an der Universität Kobe. Zahlreiche englische und japanische Beiträge zur Philosophie und Umweltproblematik sowie Erkenntnistheorie bei Leibniz, u.a. eine Arbeit zur Perspektive des Antiskeptizismus (Tokyo 2003) sowie über die Philosophie des Ganzen und des Teils in Geschichte und Gegenwart (Tokyo 2014).

 

Zum Vortrag

Traum und Regenbogen finden sich als Paradigmen erkenntnistheoretischer und ontologischer Betrachtungen bei frühmodernen Philosophen, so nicht nur im Fall von Descartes, sondern auch von Leibniz. Der Vortrag handelt zunächst von einer Auslegung des "Traums eines Kalifen" in einem Brief von Leibniz an Simon Foucher (1675). Diese Episode ist ohne Zweifel bezogen auf eine bekannte Erzählung aus Tausendundeiner Nacht. In der Auseinandersetzung mit dem geläufigen cartesischen Traum-Argument aus den Meditationes können wir ontologische und kausale Aspekte eines leibnizschen Traum-Arguments verdeutlichen. Es schließt sich die Betrachtung einer Notiz von Leibniz über die Principles of Human Knowledge von Berkeley (1710) an mit der Problematik des Regenbogens als Modell für das Phänomen, um daran die realistische und sogar "naturalistische" Ebene der leibnizschen Philosophie aufzuzeigen.

Vortragsveranstaltung vom 1. März 2018 (in Verbindung mit der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek)

Copyright: Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek Hannover, LBr 264, Bl. 13-14.

Donnerstag, den 1. März 2018, 17:00 Uhr

Prof. Dr. Jan van Maanen (Utrecht):

Leibniz und die Niederlande

Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, Waterloostr. 8, 30169 Hannover

Eintritt frei

 

Referent

Prof. Dr. Jan van Maanen, geb. 1953, studierte Mathematik an der Universität Utrecht und promovierte dort über die Mathematik in den Niederlanden im 17. Jahrhundert, insbesondere über die Rezeption des Werkes La Géométrie von Descartes. Er war Gymnasiallehrer und ab 1991 Dozent an den Universitäten von Groningen und Utrecht. In Utrecht war er von 2006 bis 2012 Professor der Mathematikdidaktik und Leiter des Freudenthal Instituts. Seit seiner Emeritierung widmet er sich wieder verstärkt der Mathematikgeschichte.

 

Zum Vortrag

Leibniz hatte gute Kontakte zu Mathematikern in den Niederlanden. Aus der Zeit seines Aufenthalts in Paris kannte er Christiaan Huygens persönlich, und von 1673 bis 1694 gab es einen sehr inhaltsreichen Briefwechsel zwischen den zwei Großmeistern. Auch mit dem Schweizer Johann Bernoulli, der von 1695 bis 1705 an der Groninger Universität lehrte, wechselte Leibniz laufend wichtige Briefe. Neben diesen beiden treffen wir auch weniger bekannte Mathematiker, wie Joachim Nieustadt und Johan Jacob Ferguson. Mit Nieustadt versuchte Leibniz in Briefkontakt zu kommen, mit Ferguson war er persönlich bekannt und wechselte von 1680 bis 1684 mehrere Briefe. Zahlreiche Fragen drängen sich auf: Haben die Korrespondenzen gemeinsame Themen? Und die Korrespondenten, wie ähnlich oder verschieden sind sie? Was haben die Briefe für Leibniz bedeutet? Geben sie vielleicht auch Auskünfte über die Niederlande?

 

 

Vortragsveranstaltung vom 25. Januar 2018 (in Verbindung mit der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek)

Donnerstag, den 25. Januar 2018, 17:00 Uhr

Dr. Charlotte Wahl (Hannover):

Aderlässe: Zu den Leibnitiana in Göttingen und Gotha

Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, Waterloostr. 8, 30169 Hannover

Eintritt frei

 

Referentin

Charlotte Wahl promovierte in Reiner Mathematik an der Universität Göttingen. Nach Postdoc-Aufenthalten am Institut Henri Poincaré in Paris und am Department of Mathematics von Virginia Tech (USA) arbeitet sie seit 2006 bei der an der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek angesiedelten Leibniz-Forschungsstelle der Göttinger Akademie der Wissenschaften mit an der Edition von Gottfried Wilhelm Leibniz, Sämtliche Schriften und Briefe. Mathematischer, naturwissenschaftlicher und technischer Briefwechsel (Reihe III der Akademieausgabe).

 

Zum Vortrag

Nach Leibniz’ Tod wurde der Zugang zu seinem Nachlass lange äußerst restriktiv gehandhabt. So konnten sich die frühen Editionen von Leibniz’ Schriften und Briefen - zum Beispiel die sechsbändigen, von Louis Dutens 1768 herausgegebenen Opera omnia - kaum auf Material aus Hannover stützen. Trotzdem gelangten im 18. Jahrhundert größere Handschriftenkonvolute von Hannover nach Göttingen und Gotha, wo sie sich noch heute befinden. Im Vortrag wird der Weg dieser Konvolute nachgezeichnet, der auch Aufschluss gibt über eine gewandelte Ausleihpolitik an der hannoverschen Hofbibliothek. Außerdem wird auf weitere Leibnitiana - Bücher und Objekte − in Göttinger Beständen eingegangen.

 

 

 

 

Veranstaltungen seit 2016:

Dienstag, den 13. März 2018, 19:30 Uhr

Regionspräsident Hauke Jagau (Hannover)

"Politische Gestaltung in Zeiten verrechtlichter Gesellschaft ‒ Passen gesellschaftliche Vorstellungen und normative Grundlagen für kommunale Akteure noch zusammen?".

 

Mittwoch, den 07. März 2018, 17:00 Uhr

Prof. Dr. Tsuyoshi Matsuda (Kobe)

Traum und Regenbogen - eine leibnizsche Betrachtung.

 

Donnerstag, den 01. März 2018, 17:00 Uhr

Prof. Dr. Jan van Maanen (Utrecht)

Leibniz und die Niederlande.

 

Donnerstag, den 25. Januar 2018, 17:00 Uhr

Dr. Charlotte Wahl (Hannover)

Aderlässe: Zu den Leibnitiana in Göttingen und Gotha.

 

Donnerstag, 2. November 2017, 17:00 Uhr

Prof. Dr. Wilhelm Schmidt-Biggemann (Berlin)

Leibniz, Kircher und die Geschichte des Lullismus in der Frühen Neuzeit

 

Donnerstag, 26. Oktober 2017, 17:00 Uhr

Dr. Sebastian Kühn (Hannover)

Streiten mit Leibniz. Über agonale Logiken der frühneuzeitlichen Gelehrtenkultur

 

Donnerstag, 14. September 2017, 17:00 Uhr

Buchpräsentation: Gottfried Wilhelm Leibniz: Briefe über China (1694–1716).
Die Korrespondenz mit Barthélemy Des Bosses S.J. und anderen Mitgliedern des Ordens

Vorgestellt durch die beiden Herausgeber Dr. Malte-Ludolf Babin und Dr. Rita Widmaier

 

Dienstag, 22. August 2017, 17:00 Uhr

Dr. Volker Bauer (Wolfenbüttel)

Ahnen, Wurzeln, Quellen. Ursprungsbilder in der Genealogie

 

Donnerstag, 29. Juni 2017, 17:00 Uhr

Buchpräsentation: Leibniz unterwegs in Niedersachsen. Auf den Spuren des Universalgenies

Vorgestellt durch die beiden Autoren Dr. Annette von Boetticher und Dr. Georg Ruppelt

 

Donnerstag, 18. Mai 2017, 17:00 Uhr

Buchpräsentation: Gottfried Wilhelm Leibniz / Kurfürstin Sophie von Hannover: Briefwechsel

Vorgestellt durch den Herausgeber Prof. Dr. Wenchao Li

 

Donnerstag, 27. April 2017, 17:00 Uhr

Dr. Eike Christian Hirsch (Hannover)

Leibniz, der wirksamste Reformer des evangelischen Glaubens seit Luther

 

Dienstag, 7. März 2017, 17:00 Uhr

Prof. Dr. Gábor Gángó (Budapest / Erfurt)

Leibniz und Osteuropa

 

Donnerstag, 23. Februar 2017, 17:00 Uhr

Prof. Dr. Alexander Košenina (Hannover)

Leibniz’ „Theodizee“ in der literarischen Kritik und Parodie

 

Donnerstag, 26. Januar 2017, 17:00 Uhr

Prof. Dr. Hans Poser (Berlin)

Leibniz und die Einheit der Wissenschaften

 

Donnerstag, 8. Dezember 2016, 17:00 Uhr

PD Dr. Mike Reich (München)

Leibniz’ „vergessene“ Fossiliensammlung – ein Polyhistor und die Paläontologie

 

Mittwoch, 16. November 2016, 17:00 Uhr

Prof. Dr. Michael Kempe (Hannover) / Dr. Regina Stuber (Hannover)

Der Gelehrte in der Kutsche: Reisestuhl, Reiseverbot, Reisen inkognito – unterwegs mit Leibniz

 

Donnerstag, 27. Oktober 2016, 17:00 Uhr

Prof. Dr. Vincenzo De Risi (Leipzig)

Leibniz’s Geometry and the Science of Space

 

Mittwoch, 21. September 2016, 17:00 Uhr

Prof. Dr. Wenchao Li (Hannover)

„Für so dumm und ungereimt halte ich sie nicht“ – Leibniz’ letzter Versuch, China zu verstehen

 

Dienstag, 22. März 2016, 19:30 Uhr

Prof. Dr. Paul Hoyningen-Huene (Hannover)

Berufsrollen zwischen Standesinteressen und öffentlichem Wohl

Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Gesellschaft e.V. c/o Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek
Niedersächsische Landesbibliothek Waterloostr. 8 30169 Hannover Deutschland
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